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[26] Musik summt im Gehölz am Nachmittag.

Im Korn sich ernste Vogelscheuchen drehn.

Hollunderbüsche sacht am Weg verwehn;

Ein Haus zerflimmert wunderlich und vag.


In Goldnem schwebt ein Duft von Thymian,

Auf einem Stein steht eine heitere Zahl.

Auf einer Wiese spielen Kinder Ball,

Dann hebt ein Baum vor dir zu kreisen an.


Du träumst: die Schwester kämmt ihr blondes Haar,

Auch schreibt ein ferner Freund dir einen Brief.

Ein Schober flieht durchs Grau vergilbt und schief

Und manchmal schwebst du leicht und wunderbar.

Quelle:
Georg Trakl: Das dichterische Werk. München 1972, S. 26.
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