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[26] Die Zeit verrinnt. O süßer Helios!

O Bild im Krötentümpel süß und klar;

Im Sand versinkt ein Eden wunderbar.

Goldammern wiegt ein Busch in seinem Schoß.


Ein Bruder stirbt dir in verwunschnem Land

Und stählern schaun dich deine Augen an.

In Goldnem dort ein Duft von Thymian.

Ein Knabe legt am Weiler einen Brand.


Die Liebenden in Faltern neu erglühn

Und schaukeln heiter hin um Stein und Zahl.

Aufflattern Krähen um ein ekles Mahl

Und deine Stirne tost durchs sanfte Grün.


Im Dornenstrauch verendet weich ein Wild.

Nachgleitet dir ein heller Kindertag,

Der graue Wind, der flatterhaft und vag

Verfallne Düfte durch die Dämmerung spült.

Quelle:
Georg Trakl: Das dichterische Werk. München 1972, S. 26.
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