In der Heimat

[35] Resedenduft durchs kranke Fenster irrt;

Ein alter Platz, Kastanien schwarz und wüst.

Das Dach durchbricht ein goldener Strahl und fließt

Auf die Geschwister traumhaft und verwirrt.


Im Spülicht treibt Verfallnes, leise girrt

Der Föhn im braunen Gärtchen; sehr still genießt

Ihr Gold die Sonnenblume und zerfließt.

Durch blaue Luft der Ruf der Wache klirrt.


Resedenduft. Die Mauern dämmern kahl.

Der Schwester Schlaf ist schwer. Der Nachtwind wühlt

In ihrem Haar, das mondner Glanz umspült.


Der Katze Schatten gleitet blau und schmal

Vom morschen Dach, das nahes Unheil säumt,

Die Kerzenflamme, die sich purpurn bäumt.
[35]

Quelle:
Georg Trakl: Das dichterische Werk. München 1972, S. 35-36.
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