Das Gewitter

[88] Ihr wilden Gebirge, der Adler

Erhabene Trauer.

Goldnes Gewölk

Raucht über steinerner Öde.

Geduldige Stille odmen die Föhren,

Die schwarzen Lämmer am Abgrund

Wo plötzlich die Bläue

Seltsam verstummt,

Das sanfte Summen der Hummeln.

O grüne Blume –

O Schweigen.
[88]

Traumhaft erschüttern des Wildbachs

Dunkle Geister das Herz,

Finsternis,

Die über die Schluchten hereinbricht!

Weiße Stimmen

Irrend durch schaurige Vorhöfe,

Zerrißne Terrassen,

Der Väter gewaltiger Groll, die Klage

Der Mütter,

Des Knaben goldener Kriegsschrei

Und Ungebornes

Seufzend aus blinden Augen.


O Schmerz, du flammendes Anschaun

Der großen Seele!

Schon zuckt im schwarzen Gewühl

Der Rosse und Wagen

Ein rosenschauriger Blitz

In die tönende Fichte.

Magnetische Kühle

Umschwebt dies stolze Haupt,

Glühende Schwermut

Eines zürnenden Gottes.


Angst, du giftige Schlange,

Schwarze, stirb im Gestein!

Da stürzen der Tränen

Wilde Ströme herab,

Sturm-Erbarmen,

Hallen in drohenden Donnern

Die schneeigen Gipfel rings.

Feuer

Läutert zerrissene Nacht.
[89]

Quelle:
Georg Trakl: Das dichterische Werk. München 1972, S. 88-90.
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