Schlager

Überall, wo Räder rollen,

in den Autos, in den vollen –

in der Handelskompanie.

In den Wäldern unter Fichten,

in den Oberlandgerichten –

gibts nur eine Melodie.

Gents, die ihre Wagen lenken –

Mädchen, die den Beutel schwenken –[190]

wo das deutsche Leben zieht-

singen wir das kleine Lied:


»Wer bezahlt denn meine Steuern?

Bezahl sie ich vielleicht? – Bezahlst sie du vielleicht?

Bei den Zeiten, bei den teuern –

da muß man froh sein, wenns fürn kleinen Kognak reicht!«


(Wabblige Musik)


Wälder blaß erdunkeln.

Silberteiche funkeln.

Schwer empor steigt Nickelmann,

fängt ein bißchen mit den Elfen an.

Waldesgeister weben.

Elfen nebbich schweben –

auf dem Pfad, wo Mondschein geht –

weil das so bei Richard Wagner steht . . .

Und während Poesie die Luft durchzieht,

singt die kleine Elfe leis ihr Lied:


(Husch – husch – die Waldfee!)


»Wer bezahlt denn meine Steuern?

Bezahl sie ich vielleicht? – Bezahlst sie du vielleicht?

Bei den Zeiten, bei den teuern –

da muß man froh sein, wenns fürn kleinen Nektar reicht!«


(Striktes Marschtempo)


Das Militär ist große Mode

in der Politik und auf dem Varieté.

Da hetzen sie das Ding zu Tode –

in Revuen und auf dem Cabaret.

Und kannst du mal nicht weiter –

dann sei nicht bös und barsch –

dann spielste einfach heiter

den Fridericus-Marsch.

Und dann fällt alles – und dann fällt alles

vor Begeistrung auf den Fridericus-Marsch (Hurra!)

auf den Fridericus-Marsch.


(Achtung! Tritt geeee-faßt! Die Augen – licks!)


»Wer bezahlt denn meine Steuern?

Bezahl sie ich vielleicht? – Bezahlst sie du vielleicht?

Bei den Zeiten, bei den teuern –

da muß man froh sein, wenns fürn kleinen Kognak reicht!«


  • [191] · Theobald Tiger
    .

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 3, Reinbek bei Hamburg 1975.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Therese. Chronik eines Frauenlebens

Therese. Chronik eines Frauenlebens

Therese gibt sich nach dem frühen Verfall ihrer Familie beliebigen Liebschaften hin, bekommt ungewollt einen Sohn, den sie in Pflege gibt. Als der später als junger Mann Geld von ihr fordert, kommt es zur Trgödie in diesem Beziehungsroman aus der versunkenen Welt des Fin de siècle.

226 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon