Gestoßener Seufzer

[128] Kreuzt mir die Lustjacht in der Badewanne?

Knirscht mir das Auto auf dem gelben Kies?

Bräunt mir das Roßbüff in der Kupferpfanne?

Blitzt mir am Hemd der Diamant-Türkis?

Hin hauch ich einen Seufzer des Verzichts:

ich brings zu nichts.


Ich weiß nicht, was das ist und wie ichs treibe . . .

Ich spare manchen vordatierten Scheck.

Und dann naht Lottchen mit dem Lotterleibe,

und dann ist alles wieder weg.

Infolge ihres Liebesunterrichts . . .

Ich brings zu nichts.


Die andern häufen so Vermögen auf Vermögen.

Die andern wandeln durch das Goldportal.

Ich aber kann mir nichts nach hinten legen;

ich hab noch nie – und möchte auch einmal.

Der Reichtum ist der Lohn des Bösewichts.

Ich brings zu nichts.


So lern doch endlich von den andern Knaben

die einzig brauchbare Philosophie:

Es g'nügt nicht nur, Verhältnisse zu haben –

sie leben alle über sie.

Trink aus der Nachbarin Champagnerglas!

Bleib schuldig Miete, Liebe, Arzt und Gas!

Bezahl den Apfel – friß die Ananas!

Wer also handelt, bringts zu was.


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 10.02.1931, Nr. 6, S. 213.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 9, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 128.
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