Weinlese

[100] Die Dinge, die in uns singen,

Wann unser Bewusstsein ruhte,

Sie tönen in unserem Blute,

O fernes, verschwiegenes Klingen!


Horcht! Unser Blut ist's, das leidet,

Wann unsere Seele entflohn ist,

Wie so fremd und seltsam sein Ton ist,

Der bald im Schweigen verscheidet.


O Blut der rosigen Traube,

O Wein der schwärzlichen Venen,

Wein und Blut, verklärender Glaube.


Singt! Löst unsre Seele in Tränen,

Und bis in die Tiefen hernieder

Durchbebt unsre armen Glieder.


Quelle:
Verlaine, Paul: Ausgewählte Gedichte. Leipzig 1983, S. 100-101.
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