VIII.

[213] Während ich so mit diesem spitzbübischen Picarden verhandelte, hatten die Anderen einen ziemlichen Vorsprung gewonnen. Uebrigens hatten sie mir nicht undeutlich zu verstehen gegeben, daß man in der Nachbarschaft eines Tölpels, wie ich, nicht eben in Sicherheit sei, und daß die gewöhnliche Klugheit fordere, sich von einem solchen fern zu halten.

Selbst der gestrenge, aber ungerechte Brétignot ließ mich im Stiche, als wäre ich ein Auswürfling mit dem bösen Blicke.

Alle verschwanden bald in einem kleinen Gehölz zur Linken. Offen gestanden, war ich über diese Wendung der Dinge nicht besonders böse. Mindestens trug ich jetzt nur die Verantwortlichkeit meiner eigenen Thaten.

Ich war also allein, allein in dieser weiten Ebene, welche gar kein Ende nahm. Was hätte ich hier überhaupt angeben sollen; großer Gott, mit dieser ganzen Ausrüstung auf den Schultern! Kein Rebhuhn entlockte meiner Flinte einen Laut! Nicht ein »Hiase«, wie die Bauern der Picardie sagen, nicht ein Hase, dem ich hätte nachlaufen können! Wie gemüthlich hätte sich's da in meinem Zimmer gesessen, wo ich ruhig schreiben, lesen oder auch gar nichts machen konnte!


8. Capitel

8. Capitel

Ich ging ziellos weiter, wählte aber mehr die Raine, statt der ungepflügten Felder. Zehn Minuten lang setzte ich mich still hin, dann ging ich wieder zwan zig. Auf dem Umkreis von fünf Kilometern war kein Hase zu sehen, kein[213] Kirchthurm ragte am Horizont empor! Die reine Wüste! Da und dort verbot ein Pfahl mit der räthselhaften Inschrift: »Reservirte Jagdgründe« den Eintritt.


8. Capitel

Reservirt? Für Wild gewiß nicht, denn davon gab's hier keines.

So wandelte ich träumend, philosophirend, die Flinte am Bande tragend und mich mühsam fortschleppend weiter. Meiner Meinung nach sank die Sonne heute erstaunlich langsam hernieder. Hatte sie etwa ein neuer Josua unter Aufhebung der Weltgesetze zu größerem Vergnügen meiner enragirten Kameraden in ihrem täglichen Laufe aufgehalten? Sollte denn keine Nacht mehr diesem erbärmlichen Tage des Jagdaufgangs folgen?

Quelle:
Jules Verne: Zehn Stunden auf der Jagd. In: Der grüne Strahl. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band XLII, Wien, Pest, Leipzig 1887, S. 193–219, S. 213-214.
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