[182] Karl Dragoch konnte sich im ganzen Laufe seiner Amtstätigkeit keiner an unerwarteten Zwischenfällen so reichen und so geheimnisreichen Angelegenheit wieder erinnern, wie der Verbrecherbande der Donau. Die unglaubliche Beweglichkeit dieser Rotte, die überall und nirgends auftauchte, und das Überraschende ihrer Streiche war etwas gar so Ungewöhnliches; ihr kaum aufgespürter Chef blieb dennoch unauffindbar und schien die gegen ihn von allen Seiten erlassenen Haftbefehle einfach zu verlachen.
Anfänglich glaubte man fast, daß er sich sozusagen verflüchtigt hätte, denn weder stromauf- noch stromabwärts war eine Spur von ihm zu entdecken. Auch die Polizei von Budapest hatte trotz schärfster Achtsamkeit nichts melden können, was auf ihn hinwies. Er mußte aber durch Budapest gekommen sein, da man ihn am 31. August in Duna-Földvar, neunzig[182] Kilometer unterhalb der Hauptstadt Ungarns, gesehen haben wollte. Da ihm nicht bekannt war, daß die Rolle des Fischers jetzt von Iwan Striga gespielt wurde, dem sein Schiff immer Zuflucht bot, konnte Karl Dragoch den Zusammenhang nicht begreifen.
An den folgenden Tagen wurde sein Erscheinen von Szekszard, von Vukovar, Cserevics und von Karlowitz aus gemeldet. Ilia Brusch verbarg sich keineswegs. Im Gegenteil, er nannte seinen Namen jedem, der ihn hören wollte, und verkaufte auch dann und wann einige Fische. Manche behaupteten freilich, sie hätten ihn beim Einkauf derselben Fische überrascht, und das erschien doch etwas merkwürdig.
Der angebliche Fischer bewies in jedem Falle eine teuflische Gewandtheit; die sofort bei seinem Erscheinen benachrichtigte Polizei mochte noch so schnell herbeieilen, sie kam doch immer zu spät. Vergeblich streifte sie dann am Strome auf und ab, von der Jolle, die geradezu verdunstet zu sein schien, war auch nicht die leiseste Spur zu entdecken.
Karl Dragoch verzweifelte fast, wenn er die fortwährenden Mißerfolge seiner Untergebenen vernahm. Sollte ihm das Wild wirklich unter den Händen entfliehen?
Immerhin war zweierlei gewiß. Erstens, daß der angebliche Preisträger noch immer den Strom hinunterfuhr, und zweitens, daß er die Städte, wahrscheinlich aus Furcht vor ihrer Polizei, zu meiden schien.
Karl Dragoch ließ deshalb die Überwachung in allen Städten von einiger Bedeutung unterhalb Budapests, wie in Mohacs, Apatin und Neusatz, verdoppeln, während er sein Hauptquartier in Semlin aufschlug. Diese Städte bildeten nun ebensoviele Dämme auf dem Wege des Flüchtlings.
Leider schien dieser nur über alle gegen ihn aufgetürmten Hindernisse zu lachen. Ebenso wie sein Vorüberkommen unterhalb Budapest beobachtet worden war, wurde es, doch immer zu spät, von Mohacs, Apatin und Neusatz gemeldet. Darüber ganz außer sich, und im Bewußtsein, seine letzte Karte auszuspielen, zog er bald eine wirkliche Flottille zusammen. Auf Befehl kreuzten über dreißig Boote Tag und Nacht unterhalb Semlins hin und her. Der Gegner mußte sehr geschickt sein, wenn er diese Sperre durchbrechen wollte.
So gut berechnet diese Maßregeln aber auch waren, würden sie doch keinen Erfolg gehabt haben, wenn Serge Ladko der Gefangne der Schute[183] geblieben wäre. Zum Glück für Karl Dragochs Ruhe war das anders gekommen.
Der 6. September war unter diesen Verhältnissen verlaufen, ohne daß sich etwas neues ereignet hatte, und Dragoch machte sich in den Morgenstunden des 7. Septembers schon fertig, seine Flottille aufzusuchen, als zu ihm ein Polizist mit der Meldung kam, daß der Gesuchte festgenommen und ins Semliner Gefängnis gebracht worden sei.
Er stürmte sofort dahin. Der Polizist hatte die Wahrheit gesprochen: der nur zu berühmte Ladko saß wirklich fest eingeschlossen.
Die Neuigkeit verbreitete sich mit Blitzesschnelle und brachte die ganze Stadt fast in Aufruhr. Man sprach gar nicht mehr von etwas anderm, und auf dem Kai drängten sich die Menschen den ganzen Tag vor der Jolle des berüchtigten Verbrechers.
Diese Ansammlungen konnten nicht verfehlen, auf einer Schute, die Nachmittag um drei an Semlin vorbeikam, Aufmerksamkeit zu erregen. Die Schute, die friedlich den Strom hinunterschwamm, war die Strigas.
»Was gibt es denn dort in Semlin? fragte er den getreuen Titscha, als er die Menschenmenge auf dem Kai bemerkte. Das sieht ja wie ein Aufruhr aus.«
Er nahm ein Fernrohr vor das Auge, das er aber bald wieder absetzte.
»Der Teufel soll mich holen, Titscha, rief er, wenn das nicht das Boot unsres Kabineninsassen ist!
– Das glaubst du? stieß Titscha, das Fernrohr zur Hand nehmend, hervor.
– Darüber muß ich Gewißheit haben, erklärte Striga, der höchst erregt zu sein schien. Ich werde sogleich ans Land gehen.
– Wohl um dich festnehmen zu lassen?... Dieser Spitzbube! Wenn das Dragochs Boot ist, befindet sich Dragoch doch in Semlin. Du willst wohl dem Wolfe in den Rachen laufen?
– Ja, du hast recht, gab Striga zu, während er sich schon dem Volkslogis zuwendete. Wir werden aber unsre Vorsichtsmaßregeln treffen.«
Eine Viertelstunde später erschien er wieder, aber meisterhaft verändert.
Der Vollbart war abgeschnitten und durch einen falschen Backenbart ersetzt, die Haare lagen unter einer Perücke versteckt, eine breite Binde bedeckte das eine Auge, er stützte sich mühsam auf einen Stock und glich im ganzen einem Manne, der eben eine schwere Krankheit überstanden hat.[184]
»Na... jetzt? fragte er, nicht ohne eine gewisse Eitelkeit.
Vortrefflich! rief Titscha verwundert.
– Nun paß auf, fuhr Striga fort. Während ich in Semlin bin, fahrt ihr ruhig weiter. Fünf bis sechs Kilometer unterhalb Belgrads werdet ihr ankern und meine Rückkehr abwarten.
– Wie willst du aber wieder zu uns kommen?
– Darum sorge dich nicht und sage nur Semo, daß er mich mit dem kleinen Fährboote übersetzt.«[185]
Während das geschah, hatte die Schute Semlin schon hinter sich gebracht. Striga, der ziemlich weit von der Stadt ans Land gestiegen war, näherte sich den Häusern mit schnellen Schritten. Als er die erreicht hatte, mäßigte er seine Gangart, mischte sich unter die auf dem Kai stehenden Gruppen und lauschte gespannt auf die Worte, die rings um ihn gewechselt wurden.
Was er hier hörte, hatte er freilich nicht erwartet. Kein Mensch sprach auch nur ein Wort von Dragoch, alle unterhielten sich auch nicht von Ilia Brusch. Von Ladko war allein die Rede. Von welchem Ladko? Nicht von dem Piloten aus Rustschuk, dessen Name sich, wie der Leser weiß, Striga angeeignet hatte sondern eigens von dem imaginären Ladko, von Ladko dem Verbrecher, Ladko dem Flußpiraten, kurz, von ihm, Striga, selbst. Seine eigne Verhaftung bildete den Gegenstand des allgemeinen Gesprächs.
Das konnte er denn doch nicht begreifen. Daß die Polizei einen Irrtum begangen und einen Unschuldigen an Stelle des Schuldigen verhaftet hatte, das war ja nicht besonders zu verwundern. Doch in welcher Verbindung stand dieser Irrtum, den er ja am besten als solchen erkennen mußte, mit dem hier liegenden Boote, das seine Schute noch gestern am Schlepptau gehabt hatte?
Es dürfte wohl nicht gerade als scharfsinnig betrachtet werden, daß er dieser Seite der Frage so viel Gewicht beilegte. Das Wichtigste war es doch, daß an seiner Stelle ein andrer verfolgt wurde, und während man den im Verdacht hatte, würde sich ja niemand um ihn bekümmern. Das Übrige war doch Nebensache.
Das wäre völlig zutreffend gewesen, wenn er keine besondern Gründe gehabt hätte, in dieser Beziehung klar zu sehen. Allem Anschein nach mußten doch der Verhaftete und der jetzige Inhaber der Jolle dieselbe Person sein. Wer dieser Unbekannte aber war, der nach achttägiger Gefangenschaft auf der Schute deren Eigentümer so zuvorkommend in den Augen der Polizei vertrat, davon hatte er keine Ahnung. Striga wollte aber von Semlin nicht weggehen, ohne das ausgekundschaftet zu haben.
Er mußte sich jedoch mit Geduld wappnen. Der mit der Angelegenheit betraute Richter, Izar Rona mit Namen, schien damit nicht die geringste Eile zu haben. Drei Tage verstrichen ohne ein Lebenszeichen von ihm. Dieses Verzögern gehörte zu seiner Methode. Er hielt es für höchst angebracht,[186] einen Angeschuldigten erst ein paar Tage ganz allein zu lassen Die Einsamkeit erschöpft die Nervenkraft gar sehr, und einige Tage Isolierhaft erschlaffen wunderbar den Gegner, dem der Richter dann entgegentreten soll.
Achtundvierzig Stunden nach der Verhaftung entwickelte er diesen Gedanken ganz vor Karl Dragoch, der von ihm weitere Instruktionen haben wollte. Der Detektiv konnte seinem Vorgesetzten nun einmal nicht offen widersprechen.
»Und wann denken Sie, Herr Richter, wagte er jedoch zu fragen, das erste Verhör vorzunehmen?
– Morgen.
– Dann werd' ich morgen Abend wiederkommen, das Ergebnis kennen zu lernen. Ich glaube Ihnen nicht wiederholen zu brauchen, worauf sich die Verdachtsgründe stützen.
– Nein, das wäre unnötig, erklärte Rona. Ich habe unsre frühern Gespräche frisch im Gedächtnis und mir auch ausführliche Notizen gemacht.
– Sie erlauben mir aber wohl, Herr Richter, Sie an den Wunsch zu erinnern, den ich mir die Freiheit nahm, vor Ihnen zu äußern?
– An welchen Wunsch?
– Den, in dieser Angelegenheit, wenigstens ohne eine neue Aufforderung dazu, nicht vor Gericht zu erscheinen. Wie ich Ihnen mitgeteilt habe, kennt mich der Verhaftete nur unter dem Namen Jäger. Das kann uns vielleicht von Nutzen sein. Träfe ich mit ihm vor den Schranken zusammen, so müßte ich meinen wahren Namen angeben. Doch, so weit ist es ja noch nicht, und es scheint mir wegen der Nachforschung nach Mitschuldigen vorteilhafter zu sein, mich nicht vorzeitig in die Bresche zu stellen.
– Einverstanden«, versprach der Richter.
In der Zelle, worin er eingeschlossen war, wartete Serge Ladko darauf, daß man sich mit seiner Angelegenheit beschäftigen würde. So bald nach dem frühern Abenteuer hatte dieses neue, ihm ebenso wie das vorige unerklärliche Unglück seinen Mut nicht zu brechen vermocht. Ohne bei seiner Verhaftung den geringsten Widerstand zu versuchen, hatte er sich ruhig ins Gefängnis führen lassen, nachdem ihm auf eine Frage nach dem Grunde dieses Vorgehens keine Antwort erteilt worden war. Was drohte ihm denn auch? Die Verhaftung mußte sich notwendigerweise[187] als ein Irrtum erweisen, der beim ersten Verhöre Aufklärung finden würde. Leider ließ dieses erste Verhör recht lange auf sich warten. Streng bewacht, blieb Serge Ladko Tag und Nacht in seiner Zelle allein. Nur dann und wann warf ein Wärter durch eine kleine, in der Tür ausgesparte Öffnung einen flüchtigen Blick zu ihm herein. Hoffte dieser Wärter, der Anordnung Izar Ronas entsprechend, sich erst von dem wachsenden Erfolge der Isolierung zu überzeugen? Dann mußte er sich freilich enttäuscht zurückziehen. Die Stunden und die Tage verstrichen, ohne daß in der Haltung des Gefangnen etwas eine Änderung seiner geheimsten Gedanken verriet. Auf einem Stuhle sitzend, die Arme auf die Knie gestützt, mit herabgesenkten Augen und kalten Gesichtszügen schien er tief nachzudenken und bewahrte eine fast absolute Ruhe, ohne die geringste Ungeduld zu zeigen. Von der ersten Minute an hatte sich Serge Ladko gelobt, seine Ruhe zu bewahren, aus der ihn gar nichts reißen sollte. Im Laufe der Zeit begann er nur, sich mit Bedauern seines schwimmenden Gefängnisses zu erinnern, das ihn wenigstens Rustschuk näher brachte.
Am dritten Tage endlich – es war nun der 10. September – öffnete sich seine Tür, und er wurde aufgefordert, aus der Zelle herauszukommen. Von vier Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett geleitet, ging er durch einen langen Vorsaal, stieg eine endlose Treppe hinab und wurde über eine Straße geführt, von der aus er in das dem Gefängnis gegenüberliegende Gerichtsamt gelangte.
Auf dieser Straße wimmelte es von Neugierigen, die sich hinter einer dichten Kette von Polizisten drängten. Als der Gefangne erschien, erhob sich ein wüstes Geschrei aus der Menge, die ihrem Abscheu vor dem gefürchteten und so lange straflos gebliebenen Verbrecher Ausdruck geben wollte. Was Serge Ladko empfand, als er sich als Zielscheibe der unverdienten Beleidigungen sah, ließ er nicht nach außen durchblicken. Sichern Schrittes betrat er das Gerichtsgebäude und wurde hier nach neuem Warten seinem Richter zugeführt.
Izar Rona, ein schwächlicher, blonder Mann mit spärlichem Bartwuchs und gallig-gelbem Teint, war ein harthändiger Beamter. Mit sichern Behauptungen und brutalen Verneinungen ging er dem Gegner rücksichtslos zuleibe, offenbar mehr bestrebt, Schrecken einzuflößen, als Vertrauen zu gewinnen.[188]
Die Wachen hatten sich auf ein Zeichen des Richters zurückgezogen. In der Mitte des Zimmers stehend, wartete Serge Ladko, bis es diesem belieben würde, ihn zu fragen. In einer Ecke saß ein niedrer Beamter bereit, ein Protokoll aufzunehmen.
»Niedersetzen!« rief Rona mit barschem Tone.
Ladko gehorchte. Dann fuhr der Beamte fort:
»Euer Name?
– Ilia Brusch.
– Wohnort?
– Szalka.
– Euer Beruf?
– Fischer.
– Ihr lügt!« brauste der Richter auf, der ihm einen forschenden Blick zusandte.
Ein leichtes Rot flog über Serge Ladkos Gesicht und in seinen Augen leuchtete ein Blitz auf. Trotzdem zwang er sich zur Ruhe und schwieg still.
»Ihr lügt, wiederholte Rona. Ihr heißt Ladko und Euer Wohnsitz ist Rustschuk.«
Der Pilot zitterte ein wenig. Also war sein richtiger Name hier bekannt. Doch wie hatte es dazu kommen können? Der Richter, dem das leichte Erzittern des Inkulpaten nicht entgangen war, fuhr mit schneidender Stimme fort:
»Die Anklage gegen euch lautet auf drei einfache Diebstähle, neunzehn Diebstähle unter erschwerenden Umständen durch Einsteigen und Einbruch, ferner auf drei Morde und sechs Mordversuche, alle Vergehen und Verbrechen mit Vorbedacht in den letzten drei Jahren ausgeführt. Was habt ihr zu antworten?«
Der Pilot hatte ganz verblüfft dieser unglaublichen Vorlesung zugehört. Da war also die Konfusion, die er befürchtet hatte, als er aus dem Munde Jägers von der Existenz seines unheimlichen Namensvetters erfuhr. Diese Verwirrung war tatsächlich eingetreten. Was hätte es jetzt genützt einzugestehen, daß er wirklich Serge Ladko hieß? Anfänglich hatte er den Gedanken, es zu tun und den Richter nur um strenge Verschwiegenheit zu bitten. Er sah aber bald ein, daß ein solches Geständnis jetzt eher schädlich als nützlich wirken würde. Er, Serge Ladko aus Rustschuk, war es ja, un[189] nicht ein andrer, der jener Reihe abscheulicher Verbrechen angeklagt war. Gelang ihm erst der glaubhafte Ausweis seiner Person, so mußte ja seine Unschuld zutage treten. Das konnte freilich recht lange Zeit erfordern. Nein, da erschien es besser, die Rolle des Fischers Ilia Brusch weiter zu spielen, weil Ilia Brusch ja ein Unschuldiger war.
»Ich kann darauf nur antworten, erwiderte er mit sichrer Stimme, daß Sie sich täuschen. Ich heiße Ilia Brusch und wohne in Szalka, wovon Sie sich übrigens leicht überzeugen könnten.
– Das wird versucht werden, sagte dazu der Richter, der ein Notizblatt ergriff. Inzwischen muß ich euch einige der Anklagen vorlesen, die euch belasten.«
Serge Ladko wurde aufmerksamer; jetzt kam der interessantere Teil.
»Zunächst, begann der Richter, lassen wir eine große Zahl der euch zugeschriebenen Untaten außer acht und beschränken uns allein auf die neuesten, auf die, die während der Fahrt begangen worden sind, auf der ihr hier angehalten worden seid.«
Rona schöpfte Atem und sprach weiter.
»Von Ulm aus ist zuerst über euer Vorkommen berichtet. Wir nehmen also als Anfangspunkt eurer Reise die Stadt Ulm an.
– Verzeihung, Herr Richter, unterbrach ihn Serge Ladko lebhaft. Meine Reise hat bereits vor Ulm angefangen, da ich zwei Preise beim Wettangeln von Sigmaringen davongetragen habe und den Strom bis Donaueschingen hinausgefahren bin.
– Es ist ja richtig, gab Rona zu, daß bei dem vom Donaubunde in Sigmaringen veranstalteten Angelwettbewerbe ein gewisser Ilia Brusch als Preisträger ausgerufen und daß dieser Ilia Brusch in Donaueschingen gesehen worden ist. Doch ob ihr euch nun schon in Sigmaringen für einen andern ausgegeben habt, oder als Ilia Brusch, während der nach Donaueschingen ging, das ist eine erst noch aufzuklärende Frage. Übrigens könnt ihr darum ruhig sein, die wird schon noch beantwortet werden.«
Mit vor Verwunderung weit aufgerissenen Augen vernahm Ilia Brusch nun wie im Traume die phantastischen Anklagen. Viel fehlte da nicht, daß der imaginäre Ilia Brusch selbst zu seinen Opfern gehört hätte! Ohne sich die Mühe zu nehmen, darauf zu antworten, zuckte er nur verächtlich[190] mit den Schultern, als der Richter, ihn scharf fixierend, plötzlich einen brennenden Punkt berührte.
»Was hattet ihr am sechsundzwanzigsten August in Wien bei dem Juden Simon Klein zu schaffen?«
Wider Willen erzitterte Serge Ladko zum zweiten Male. Sein Besuch bei dem Trödler war also letzt bekannt. Gewiß lag darin nichts Tadelnswertes, das aber zu gestehen, hieß gleichzeitig seine Identität zu offenbaren, und da er diese nun einmal zu verleugnen beschlossen hatte, mußte er wohl oder übel dabei bleiben.
»Simon Klein? antwortete er erstaunt, wie einer, der eine Frage nicht verstanden hat.
– Ihr leugnet also? rief Rona. Das hatte ich erwartet. So muß ich euch dann sagen, daß ihr, als ihr zu dem Juden Klein gingt – der Richter erhob sich jetzt halb von seinem Sitze, um seinen Worten mehr Nachdruck zu geben – daß ihr, euch mit dem gewöhnlichen Hehler eurer Bande ins Einvernehmen setzen wolltet.
– Meiner Bande? erwiederte der Pilot verblüfft.
– Ach, es ist ja wahr, berichtigte sich der Beamte ironisch, ihr wißt nicht, was ich sagen will, daß ihr keiner Bande angehört, daß ihr nicht Ladko seid, sondern ein harmloser Angelfischer Namens Ilia Brusch. Wenn ihr denn wirklich Ilia Brusch heißt, warum verbergt ihr euch da?
– Ich... mich verbergen... ich? protestierte Serge Ladko.
– Alle Wetter, das sieht doch ganz so aus! rief Izar Rona, wenigstens wenn man sich verbergen nicht das Verstecken seiner Augen, die die besten der Welt zu sein scheinen – ja, bequemt euch einmal dazu, die dunkle Brille abzunehmen – und das Färben der von Natur blonden Haare so nennen kann!«
Serge Ladko war wie vom Donner gerührt.
Die Polizei war gut unterrichtet, die Schlinge zog sich enger um ihn zu. Ohne seine Unruhe zu beachten, fuhr Rona noch weiter fort:
»Aha, mein Bürschchen, jetzt seid ihr ja gar nicht mehr so obendrauf! Ihr wußtet nicht, wie's mit der Sache stand... doch weiter: In Ulm hattet ihr einen Passagier mitgenommen.
– Jawohl, gestand Ilia Brusch.
– Wer war das denn?[191]
– Ein Herr Jäger.
– Ganz recht. Würdet ihr mir auch sagen, was aus diesem Herrn Jäger geworden ist?
– Das weiß ich nicht. Er hat mich mitten im freien Felde, nahe der Mündung der Ipoly verlassen. Ich war selbst erstaunt, ihn nicht in meinem Boote zu finden, als ich dahin zurückkam.
– Als ihr zurückkamt, sagt ihr? Ihr wart also auch davon weggegangen? Wohin denn?
– Nach einem nahe gelegenen Dorfe, um für meinen Passagier eine kleine Herzstärkung zu holen.
– War der denn unwohl?
– Gewiß, sehr unwohl. Er war nahe daran gewesen zu ertrinken.
– Und ihr habt ihn wohl gerettet, nehme ich an?
– Ja, wer hätte es sonst tun sollen, da er nur mich dazu hatte?
– Hm!« brummte der Richter etwas erregt.
Er faßte sich jedoch gleich wieder.
»Ihr rechnet wohl darauf, mit dieser Rettungsgeschichte mein Mitgefühl für euch zu erwecken?
– Ich? wehrte Ladko ab. Sie fragen mich und ich antworte, das ist alles.
– Nun gut, erwiderte Izar Rona. Doch sagt mir, hattet ihr vorher je eure Jolle verlassen?
– Ein einziges Mal, um nach meiner Wohnung in Szalka zu gehen.
– Könnt ihr mir genau das Datum des betreffenden Tages angeben?
– Warum nicht, wenn ich mich ein wenig darauf besinnen darf.
– Ich werde euch helfen. Könnte es nicht in der Nacht vom achtundzwanzigsten zum neunundzwanzigsten August gewesen sein?
– Das wäre recht gut möglich.
– Und das leugnet ihr nicht?
– Nein.
– Ihr gesteht es zu?
– Ja, warum nicht?
– Dann stimmen wir ja überein. Szalka liegt, wie ich glaube, auf dem rechten Uferlande der Donau? fragte Rona mehr gemütlich.
– Ja, das stimmt.[192]
– Und in dieser Nacht vom achtundzwanzigsten zum neunundzwanzigsten August war es, glaube ich, besonders dunkel.
– Sehr dunkel. Ein ganz abscheuliches Wetter.
– Das erklärt es ja, daß ihr euch getäuscht habt, daß ihr glaubtet, am linken Ufer angelegt zu haben, und es war doch das rechte gewesen.
– Das rechte Ufer?«
Izar Rona stand plötzlich voll auf und sagte, dem Häftling scharf in die Augen blickend:[193]
»Ja, am rechten Ufer war es, gegenüber der Villa des Grafen Hagenau.«
Serge Ladko bemühte sich, sein Gedächtnis aufzufrischen. Hagenau? Nein, der Name war ihm unbekannt.
»Ihr habt euch gut in der Gewalt, bemerkte der Richter, enttäuscht über seinen Einschüchterungsversuch. Es ist also wirklich zum ersten Male, daß ihr den Namen des Grafen Hagenau hört und erfahrt, daß in der Nacht vom achtundzwanzigsten zum neunundzwanzigsten August seine Villa geplündert und sein Hausmeister Christian Hoël schwer verwundet worden ist? Wo, zum Teufel, dachte ich denn hin? Wie könntet ihr von diesem Verbrechen Kenntnis haben, das ja von einem gewissen Ladko begangen worden ist?... Ladko, zum Kuckuck, das ist doch euer Name nicht?
– Mein Name ist Ilia Brusch, erklärte der Pilot, doch jetzt mit etwas unsichrer Stimme als früher.
– Ja ja, das stimmt. Wenn ihr aber nicht Ladko heißt, warum in aller Welt seid ihr dann unmittelbar nach der Verübung jener Schandtat verschwunden, um euer Inkognito – und das nur recht vorsichtig – erst in einer großen Entfernung von der Gegend, die der Schauplatz des Verbrechens war, zu lüften? Warum hat man euch, euch der sich vorher fast aufdringlich überall zeigte, weder in Budapest oder in Neusatz gesehen, auch nicht in sonst einer irgend bedeutenderen Stadt? Warum habt ihr eure Rolle als Fischer so weit aufgegeben, daß ihr zuweilen Fische in den Dörfern kauftet, wo es euch aufzuhalten beliebte?«
Alles das war für den Piloten hebräisch. Sein Verschwinden erfolgte ja sehr wider seinen Willen. Seit der mehr erwähnten Nacht war er ja ununterbrochen Gefangener gewesen. Erschien es da überraschend, daß er verschwunden war? Überraschend vielmehr war es, daß einer die Behauptung wagte, ihn gesehen zu haben.
Wenigstens dieser Irrtum mußte leicht zu zerstreuen sein. Es würde ja genügen, offen und ehrlich das unbegreifliche Abenteuer zu schildern, dessen Opfer er gewesen war. Die Justiz war vielleicht scharfsichtiger und es gelang ihr, die verschlungenen Fäden dieses Wirrwarrs zu lösen. Dazu völlig entschlossen, wartete Serge Ladko mit Ungeduld darauf, daß ihm Rona wieder das Wort gönnen sollte. Der Richter war aber jetzt einmal warm geworden. Er ging in seinem Bureau gestikulierend hin und her und[194] schleuderte seinem Gefangenen einen Strom von Argumenten ins Gesicht, womit er diesen zur Strecke zu bringen hoffte.
»Wenn ihr nicht Ladko seid, fuhr er mit zunehmender Heftigkeit fort, wie kam es da, daß nach der Plünderung der gräflich Hagenauschen Villa, eine Plünderung, die unglücklicherweise genau zu der Zeit erfolgte, wo ihr eure Jolle verlassen hattet, daß da, sage ich, ein Diebstahl, oh, ein ganz einfacher Diebstahl in Szuszek in der Nacht vom fünften zum sechsten September vorkam, das heißt, in der Nacht, wo ihr euch gerade bei Szuszek befinden mußtet? Wenn ihr nicht Ladko seid, was machte in eurer Jolle dann das Porträt mit der von seiner Gattin Natscha Ladko an ihren Ehemann gerichteten Widmung?«
Jetzt hatte Rona den wundesten Punkt berührt, das letzte Argument war unangreifbar. Wie betäubt ließ der Pilot den Kopf hängen, und dicke Schweißtropfen rannen ihm übers Gesicht.
Inzwischen setzte der Richter seine Rede, immer lauter werdend, fort.
»Wenn ihr nicht Ladko seid, warum war dieses Porträt seit dem Tage verschwunden, wo ihr euch bedroht fühltet? Das Porträt hatte vorher in einem Kasten eures Fahrzeugs, genauer: in einem Kasten an Steuerbord gelegen. Da findet es sich nicht mehr. Noch vorhanden, beschuldigte es euch; verschwunden aber verurteilt es euch. Was habt ihr darauf zu erwidern?
– Nichts, murmelte Ladko mit dumpfer Stimme. Ich begreife nicht, was mich da alles belastet.
– Wenn ihr euch nur ein wenig Mühe geben wollt, werdet ihr alles sehr gut begreifen. Für jetzt wollen wir diese interessante Unterhaltung abbrechen. Ihr werdet in eure Zelle zurückgeführt werden, dort habt ihr Zeit nachzudenken. Ich wiederhole noch den Verlauf des heutigen Verhörs: Erstens: Ihr nennt euch Ilia Brusch. Zweitens: Ihr wollt beim Angelwettbewerb von Sigmaringen einen Preis errungen haben. Drittens: Ihr gebt an, in Szalka wohnhaft zu sein. Viertens: Euch in der Nacht vom achtundzwanzigsten zum neunundzwanzigsten August ebenda befunden zu haben. – Diese Punkte sind nicht mehr streitig. – Ich meinerseits behaupte nun: Erstens: Daß euer Name Ladko lautet. Zweitens: Daß euer Wohnsitz Rustschuk ist. Drittens: Daß ihr in der Nacht vom achtundzwanzigsten zum neunundzwanzigsten mit Unterstützung zahlreicher Helfershelfer die Villa[195] des Grafen Hagenau ausgeplündert und euch des Mordversuchs an dessen Hausmeister Christian Hoël schuldig gemacht habt. Viertens: Daß ein bei einem gewissen Kellermann in Szuszek ausgeführter Diebstahl euch ebenfalls zur Last zu schreiben ist. Fünftens: Daß zahlreiche andre Diebstähle und Mordtaten in den Gegenden längs der Donau nicht weniger euerm Schuldkonto zuzuschreiben sind. Die Untersuchung wegen dieser Verbrechen ist bereits im Gange. Zeugen sind dazu geladen. Ihr werdet diesen gegenübergestellt werden... Wollt ihr das Protokoll von heute unterschreiben?... Nein?... Na, wie es euch beliebt!... Wärter, führt den Gefangnen zurück!«
Um zum Gefängnis zurückzugelangen, mußte Serge Ladko noch einmal die versammelte Menge passieren und deren feindliche Rufe in den Kauf nehmen. Die Wut des Volkes schien sich während des Verhörs nur noch gesteigert zu haben, und die Polizei hatte einige Mühe, den Gefangnen zu schützen. In der ersten Reihe der brüllenden Menge befand sich auch Iwan Striga. Der verzehrte ordentlich mit den Augen den Mann, der so bereitwillig seine Stelle eingenommen hatte. Der Pilot kam nur zwei Meter weit vor ihm vorbei und er konnte ihn genau betrachten. Dabei erkannte er aber nicht den bartlosen Mann mit den dunkeln Haaren und der fast schwarzen Brille vor den Augen. Er wußte über die ganze Angelegenheit jetzt eigentlich also nicht mehr als vorher.
Als das Tor des Gefängnisses geschlossen war, entfernte sich Striga nachdenklich mit der Volksmenge. Den verhafteten Mann kannte er bestimmt nicht. Jedenfalls war es weder Dragoch noch Ladko. Wenn sich's aber um Ilia Brusch oder sonst einen andern handelte, was kümmerte dann die ganze Geschichte ihn? Wer der Verhaftete auch sein mochte, das Wichtigste war, daß der die Aufmerksamkeit der Polizei in Anspruch nahm, und so hatte Striga keine Veranlassung, sich in Semlin noch länger aufzuhalten. Er beschloß deshalb, am nächsten Tage fortzugehen und seine Schute wieder aufzusuchen.
Am folgenden Morgen veranlaßte ihn aber, was er in den Zeitungen las, seine Absicht zu ändern. Die Ladkosche Sache war so streng geheim behandelt worden, daß die Zeitungen allen Spürsinn anwendeten, das Geheimnis zu enthüllen. Das war ihnen auch gelungen, sie hatten viele Mitteilungen darüber erhalten.[196]
Die Presse berichtete recht zutreffend über das erste Verhör und fügte dem eigne Betrachtungen hinzu, die für den Angeschuldigten nicht gerade günstig ausfielen. Vor allem erstaunten die Journale über die Hartnäckigkeit, womit dieser behauptete, ein einfacher Fischer zu sein, der Ilia Brusch hieße und in Szalka zu wohnen angab. Welches Interesse konnte er daran haben, bei diesen so fadenscheinigen Behauptungen zu beharren? Schon sollte der Richter Izar Rona eine Untersuchungskommission nach Gran entsendet haben. Von da aus würde sich ein Beamter nach Szalka begeben und Nachforschungen anstellen, die das Lügengewebe des Angeklagten gewiß bald zerrissen. Man würde nach diesem Ilia Brusch suchen und ihn finden, wenn es – was sehr zweifelhaft erschien – überhaupt einen solchen gab.
Diese Veröffentlichungen änderten Strigas Pläne. Während er las, war ihm ein Gedanke gekommen, der feste Gestalt annahm, als er mit der Lektüre fertig war. Gewiß war es sehr gut, daß die Polizei einen Unschuldigen in ihrer Hand hatte, noch besser aber würde es sein, wenn sie ihn auch darin behielte. Was war dazu nötig?... Ihr einen Ilia Brusch von Fleisch und Bein zu liefern, wodurch der Betrug des wahren Ilia Brusch, den man in Semlin in Hast hielt, ja handgreiflich bewiesen wurde. Dieser erschwerende Umstand sprach dann noch weiter gegen ihn und genügte vielleicht, zum großen Vorteil für den wirklich Schuldigen, zu seiner endgültigen Verurteilung.
Ohne Zögern verließ Striga jetzt die Stadt. Doch statt sich nach seiner Schute zu begeben, wandte er dieser den Rücken. Mit Benützung eines schnellen Wagens eilte er nach der nächsten Bahnlinie und fuhr mit Expreßzügen auf Budapest und den Norden zu.
Inzwischen zählte Ladko, ohne sein bisheriges Verhalten zu ändern, die traurig hinschleichenden Stunden. Von seinem ersten Zusammentreffen mit dem Richter war er erschreckt über den Verdacht, der sich immer mehr über ihn häufte, zurückgekommen. Sicherlich würde es ihm mit der Zeit ja gelingen, seine Unschuld nachzuweisen. Dazu mußte er sich aber mit Geduld rüsten, denn es war nicht zu verkennen, daß der Schein noch wider ihn sprach, und daß die Justiz ihren Scheiterhaufen von Hypothesen ganz logisch errichtet hatte.
Es ist ja ein großer Unterschied zwischen einfachen Vermutungen und überzeugenden Beweisen. Beweise würde man aber niemals beibringen, und[197] aus gutem Grunde nicht gegen ihn verwerten können. Der einzige Zeuge, den er zu fürchten hatte, und auch nur einzig deswegen, weil der seinen richtigen Namen kannte, war der Jude Simon Klein. Simon Klein jedoch, der auch auf eine gewisse Standesehre hielt, würde wahrscheinlich angeben, daß er ihm nicht bekannt sei. Es war ja vorläufig noch die Frage, ob man ihn mit seinem alten Wiener Korrespondenten konfrontierte. Der Richter hatte ja ausgesprochen, daß in Szalka Erkundigungen eingezogen werden sollten. Die mußten aber zu seinen Gunsten ausfallen, und jedenfalls zur Entlassung des Gefangenen Anlaß geben.
Mehrere Tage vergingen, in denen Ladko seine sich fieberhaft kreuzenden Gedanken wiederholt prüfte. Szalka war ja nicht so weit von hier und es bedurfte nicht so langer Zeit, sich dort allseitig zu erkundigen. Erst eine Woche nach seiner Vernehmung wurde er wieder in das Bureau des Richters geführt.
Dieser befand sich schon hier, schien aber sehr beschäftigt zu sein. Zehn Minuten ließ er den Piloten stehend warten, als ob er ihn gar nicht bemerkte.
»Die Antwort von Szalka ist nun eingetroffen, begann er mit etwas stockender Stimme, ohne die Augen auf den Gefangnen zu erheben, den er jedoch durch die gesenkten Wimpern scharf beobachtete.
– Ah... endlich! sagte Serge Ladko befriedigt.
– Nun ja, ihr hattet recht, fuhr Rona in gleicher Weise fort, in Szalka gibt es einen gewissen Ilia Brusch, der in bestem Rufe steht.
– Ah!« entfuhr es noch einmal dem Piloten, der die Tür seines Kerkers schon offen sah.
Der Richter murmelte, noch zugeknöpfter und gleichgültiger, und ohne der Sache eine besondre Wichtigkeit zuteilen zu wollen:
»Der mit der Untersuchung in Gran beauftragte Kommissar hat das Glück gehabt, mit ihm selbst zu sprechen.
– Mit ihm selbst? wiederholte Serge Ladko, der das nicht verstand.
– Ja ja, mit ihm selbst«, versicherte der Richter.
Serge Ladko glaubte zu träumen. Wie konnte denn in Szalka noch ein andrer Ilia Brusch aufgefunden worden sein?
»Das ist nicht möglich! stammelte er. Hier liegt ein Irrtum vor.
– So urteilt darüber selbst, erwiderte Rona. Hier ist der Bericht des Polizeikommissars aus Gran. Daraus geht hervor, daß dieser sich zur[198] Vornahme der ihm von mir übertragnen Untersuchung am vierzehnten September nach Szalka und dort nach einem an der Ecke des Leinpfades und der Budapester Straße gelegnen Hause begeben hat. Das ist doch die Adresse, die ihr angegeben hattet? fragte der Richter, sich unterbrechend.
– Ja, Herr Richter, bestätigte Serge Ladko halb geistesabwesend.
–... und der Budapester Straße gelegnen Hause begeben hat, knüpfte Rona an die vorigen Worte an. Darin ist er von Herrn Ilia Brusch persönlich empfangen worden, der ihm erklärt hat, eben erst nach ziemlich langer Abwesenheit zurückgekehrt zu sein. Der Kommissar fügt hinzu, daß alles, was er über den genannten Ilia Brusch erfahren habe, für dessen makellose Ehrbarkeit spreche, und daß kein andrer Bewohner Szalkas diesen Namen führe. Habt ihr etwas dagegen anzuführen? Bitte, frisch heraus mit der Sprache!
– Nein, Herr Richter, stammelte Serge Ladko, der sich wie geistesgestört vorkam.
– Nun, da wäre ja der erste Punkt aufgeklärt«, schloß Rona befriedigt, der seinen Gefangnen wie die Katze die Maus ansah.
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1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro