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[379] Wenige Worte werden hinreichen, das zu erklären, was in dieser Erzählung bisher unerklärlich schien, und der Leser wird daraus erkennen, was manche Menschen auszudenken vermögen, wenn ihre angeborne böse Natur, unterstützt von wirklicher Intelligenz, sie einmal auf den Weg des Verbrechens treibt.
Die Männer, bei denen Zermah eben unvermuthet erschien, waren zwei Brüder, und zwar Zwillinge.
Wo sie das Licht der Welt erblickt, wußten sie selbst nicht genau. Jedenfalls in einem kleinen Dorfe von Texas – woraus, durch einfache Veränderung des letzten Buchstaben, der Name Texar gebildet schien.
Jenes im Süden der Vereinigten Staaten und am Golfe von Mexiko gelegene weit ausgedehnte Gebiet ist ja hinlänglich bekannt.
Nachdem es sich gegen das Joch der Mexikaner erhoben, schloß sich Texas, das die Amerikaner bei seinem Unabhängigkeitskampfe unterstützten, im Jahre 1845 unter der Präsidentschaft John Tyler's an die Union an. – Fünfzehn Jahre vor diesem Ereignisse wurden in einem texanischen Küstendorfe zwei ausgesetzte Kinder gefunden, aufgenommen und durch öffentliche Mildthätigkeit erzogen.[379]
Die Aufmerksamkeit Anderer richtete sich auf diese beiden Kinder zunächst wegen ihrer ganz außergewöhnlichen Aehnlichkeit. Sie hatten dieselben Bewegungen, dieselbe Stimme und Haltung, natürlich ganz dieselben Gesichtszüge, aber, es verdient wohl hinzugefügt zu werden, leider auch dieselben Anlagen zu frühreifer Verdorbenheit. Wie sie aufgezogen wurden, inwieweit sie überhaupt Unterricht genossen und welcher Familie sie eigentlich zugehörten, das hätte Niemand sagen können; vielleicht einer jener nomadisirenden Familien, welche seit der Unabhängigkeitserklärung zahlreich das Land durchstreiften.
Sobald die von einem unwiderstehlichen Drange nach Ungebundenheit erfüllten Brüder Texar sich selbst genügen zu können glaubten, verschwanden sie auch schon. Damals zählten sie vierundzwanzig Jahre. Seitdem beschafften sie sich ihren Lebensunterhalt ohne Zweifel einzig durch Diebstähle von den Feldern und in den Farmen, wo sie hier Brod, dort Früchte wegnahmen, bis sie gar Raubanfälle mit bewaffneter Hand wagten, und als Wegelagerer – wozu sie von Kindheit auf vorgebildet schienen – auftraten.
Kurz, man sah sie bald nicht mehr in den texanischen Dörfern und Weilern, die sie sonst in Gesellschaft verwegener, ihre Aehnlichkeit zum eigenen Vortheile ausbeutender Landstreicher zu besuchen pflegten.
Eine Reihe von Jahren ging dahin und die Brüder Texar wurden allmählich, selbst dem Namen nach, gänzlich vergessen. Und obgleich dieser Name später in Florida einen traurigen Widerhall erwecken sollte, so erinnerte doch nichts daran, daß die Beiden ihre erste Jugend in den Küstenprovinzen von Texas verlebt hatten.
Wie hätte es sonst auch dahin kommen können, daß nach ihrem Verschwinden, in Folge eines gleich zu erwähnenden Umstandes, Niemand die beiden Texars erkannt hätte? Und auf denselben Umstand oder dieselbe Abmachung hin hatten sie eine ganze Reihe von Schandthaten begangen, die ihnen zu beweisen merkwürdig schwer wurde, so daß sie immer der strafenden Hand der Gerechtigkeit entgingen.
Erst weit später – als deren Doppelexistenz entdeckt und handgreiflich nachgewiesen wurde – erfuhr man, daß sie schon lange Jahre, wenigstens schon zwanzig bis dreißig, getrennt gelebt hatten, während sie ihr Glück auf jede denkbare Weise versuchten. Dabei begegneten sie einander – und gegen jede Beobachtung sicher geschützt – nur höchst selten, entweder in Amerika oder in irgend einem anderen Theile der Welt, wohin das Schicksal sie gerade verschlagen hatte.[380]
Man wußte auch, daß Einer oder der Andere – welcher von Beiden hätte Niemand sagen können – sich mit dem Negerhandel befaßte. Sie transportirten Sclaven oder ließen solche von den Küsten Afrikas nach den Südstaaten der Union transportiren. Bei diesen Operationen spielten sie nur die Rolle von Vermittlern zwischen den Händlern, die ihre »Waare« an der Küste ablieferten, und den Capitänen der diesem unmenschlichen Verkehre dienenden Schiffe.
Ob ihr Zwischenhandel viel abwarf, wußte man zwar nicht, doch war das nicht gerade wahrscheinlich Jedenfalls ging er mit der Zeit merklich zurück und hörte allmählich ganz auf, als jener zum menschenunwürdigen Gebahren gestempelte Handel nach und nach in der ganzen civilisirten Welt abgeschafft wurde, und die beiden Brüder mußten diese Erwerbsquelle also zuletzt aufgeben.
Die Schätze aber, denen sie seit langer Zeit nachstrebten, die sie um jeden Preis an sich reißen wollten, hatten sie noch nicht gesammelt, und dieses Ziel verloren sie auch jetzt nicht aus den Augen. Deshalb beschlossen denn die beiden gewissenlosen Abenteurer, sich ihre außerordentliche Aehnlichkeit zunutze zu machen.
In derartigen Fällen beobachtet man häufig, daß eine solche Erscheinung sich verändert, wenn einander gleichende Kinder zu Männern heranwachsen.
Bei diesem Brüderpaare war das anders. Je mehr sie an Alter zunahmen, desto deutlicher, man konnte nicht wohl sagen, nahm ihre körperliche und geistige Aehnlichkeit zu, wohl aber blieb sie, was sie gewesen war – eine nach allen Seiten vollkommene. Es war ganz unmöglich, einen von dem andern zu unterscheiden, und zwar ebenso wenig an Gesichtszügen und an der Körpergestalt, wie an Bewegungen oder Eigenthümlichkeiten der Stimme.
Das saubere Brüderpaar beschloß also, jenes merkwürdige Naturspiel auszunützen, um die gräulichsten Schandthaten immer mit der Aussicht zu begehen, im Falle einer deshalb ergehenden Anschuldigung durch ein stets bereites Alibi ihre Unschuld darzuthun. Während dann der Eine irgend welches unter ihnen besprochene Verbrechen beging, zeigte sich der Andere geflissentlich an einem beliebigen Orte, so daß, Dank diesem leicht zu erhärtenden Alibi, die Schuldlosigkeit des Ersteren ipso facto bewiesen wurde.
Es versteht sich von selbst, daß sie dabei mit aller Schlauheit besorgt waren, sich niemals auf frischer That abfangen zu lassen; dann hätten sie sich auf ein Alibi ja nicht mehr berufen können und die ganze Machination wäre sehr bald zutage gekommen.[381]
Nachdem das Programm ihres Lebens auf diese Weise entworfen, kamen die beiden Zwillinge nach Florida, wo weder der Eine noch der Andere bisher bekannt gewesen war. Hierher verlockten sie besonders die zahlreichen Gelegenheiten zu heimlichen Schandthaten, die ein Staat darbieten mußte, in dem die Indianer noch immer einen hitzigen Kampf gegen Amerikaner und Spanier unterhielten.
Es war im Jahre 1850 oder 1851, als die beiden Texars auf der Halbinsel von Florida auftauchten; eigentlich sollte man freilich nur Texar, nicht die Texars sagen. Ihrer Uebereinkunft entsprechend, zeigten sie sich niemals gleichzeitig, niemals begegnete man ihnen denselben Tag am nämlichen Orte, und nie erfuhr Jemand, daß es zwei Brüder dieses Namens gab.
Und während sie ihre Person mit dem vollständigsten Incognito umgaben, hatten sie auch ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in einen kaum zu lüftenden Schleier gehüllt.
Wir wissen, daß es der tiefe Hintergrund der Schwarzen Bucht war, wo sie geheime Zuflucht suchten. Die Centralinsel mit dem aufgelassenen Blockhause hatten sie bei einem ihrer Streifzüge längs der Ufer des Saint-John sozusagen entdeckt. Hierher brachten sie einige Sclaven, welche in ihr Geheimniß aber auch nicht eingeweiht wurden. Nur Squambo wußte etwas von ihrer Doppelexistenz. Von einer, jeder Probe stichhaltenden Ergebenheit gegen die beiden Brüder und von unverbrüchlicher Verschwiegenheit bezüglich alles dessen, was jene berührte, war der würdige Vertraute der Texars der unerbittliche Vollzieher ihrer Wünsche und Befehle.
Selbstverständlich erschienen diese niemals zusammen in der Schwarzen Bucht. Wenn sie sich über etwas zu verständigen hatten, so geschah dies schriftlich. Wir wissen auch aus dem Früheren, daß sie sich der Post dazu nicht bedienten. Ein Papierstückchen, verborgen im Hauptnerv eines Blattes, und die Befestigung dieses Blattes am Zweige eines Tulpenbaumes, der in der, die Schwarze Bucht umgebenden Sumpfgegend wuchs, mehr bedurfte es für sie nicht. Tag für Tag begab sich Squambo unter der nöthigen Vorsicht nach jenem Sumpfe. Brachte er dahin ein paar Zeilen, die der eben in der Schwarzen Bucht weilende Texar geschrieben hatte, so befestigte er dieselben an jenem Tulpenbaumzweige. Hatte der andere Bruder geschrieben, so holte der Indianer das betreffende Billet von der vereinbarten Stelle und brachte es nach der kleinen Befestigung.[382]
Gleich nach ihrem Eintreffen in Florida hatten die Texars mit dem verworfensten Theile der Bevölkerung Verbindungen anzuknüpfen gestrebt. So wurden zahlreiche ehrlose Gesellen ihre Helfershelfer bei vielen, jener Zeit verübten Diebstählen und später ihre Parteigänger, als sie es dahin gebracht hatten, während des Secessionskrieges eine einflußreiche Rolle zu spielen. Bald trat der Eine, bald der Andere an deren Spitze, während diese niemals ahnten, daß der Name Texar zwei Zwillingen zukam.
Hiermit erklärt sich, wie die Texars bei Gelegenheit der wegen verschiedener Verbrechen angestellten Untersuchungen sich auf so viele Alibibeweise berufen konnten, die auch ohne begründeten Widerspruch anerkannt werden mußten. So geschah es bezüglich der dieser Erzählung schon vorausgegangenen Vorkommnisse, unter Anderm bezüglich jener in Brand gesteckten Farm. Obwohl James Burbank und Zermah den Spanier ganz positiv als Urheber jener Brandstiftung erkannt hatten, mußte dieser doch vom Richterstuhle zu Saint-Augustine freigesprochen werden, weil er nachwies, zur Zeit jenes Verbrechens in Jacksonville, und zwar in der Tienda Torillo's gewesen zu sein, eine Behauptung, welche zahlreiche Zeugen bekräftigten. Ebenso verhielt es sich mit der Verwüstung von Camdleß-Bay. Wie hätte Texar das Raubgesindel zum Sturme auf das Castle-House führen, wie die kleine Dy und Zermah entführen können, da er sich unter den von den Föderirten bei Fernandina gemachten Gefangenen befand und auf einem Schiffe der Flottille zurückgehalten war?' Der Kriegsrath sah sich also ebenfalls genöthigt, ihn trotz aller Beweise, trotz der von Miß Alice Stannard eidlich abgegebenen Erklärung von der erhobenen Anschuldigung freizusprechen.
Selbst angenommen, daß das Doppelwesen der beiden Texars endlich entschleiert wurde, würde man noch immer nicht gewußt haben, wer von Beiden persönlich an jenen verschiedenen Verbrechen betheiligt gewesen war. Höchstens hätte man sich dahin schlüssig machen können, daß Beide in gleichem Grade schuldig befunden wurden, bald als Theilnehmer und bald als Urheber jener vielen Angriffe auf Leben und Eigenthum, welche seit so vielen Jahren das Gebiet des oberen Floridas unsicher machten, und selbst die Bestrafung mit dem Tode, welche einen oder den andern, oder einen und den andern treffen konnte, hatten sie gewiß redlich verdient.
Was die in jüngster Zeit in Jacksonville vorgekommenen Ereignisse betrifft, hatten die beiden Brüder wahrscheinlich abwechselnd die nämliche Rolle gespielt, nachdem die gesetzmäßigen Behörden nach dem Pöbelaufstande gestürzt worden[383] waren. Entfernte sich Texar I. wegen eines vereinbarten Zuges, so ersetzte ihn Texar II. in der Ausübung seiner Functionen, ohne daß ihre Parteigänger davon etwas ahnten. Man konnte also annehmen, das ihnen bezüglich der, jener Zeit gegen die Ansiedler nordstaatlichen Ursprunges, sowie gegen die der Abschaffung der Sclaverei zustimmenden Pflanzer des Südens verübten Verbrechen nahezu der gleiche Antheil zukam.
Beide mußten natürlich stets genau unterrichtet sein von Allem, was in den Centralstaaten der Union vorging, wo der Bürgerkrieg zuweilen ganz unvorhergesehene Wendungen nahm, wie im Staate Florida selbst. Sie hatten allmählich wirklich einen weitreichenden Einfluß auf die kleinen weißen Leute der Grafschaften, auf die Spanier ebenso wie auf die der Sclaverei anhänglichen Amerikaner, und endlich überhaupt auf den verächtlichsten Theil der Bevölkerung erlangt. Unter solchen Verhältnissen mußten sie auch häufiger brieflichen Verkehr pflegen, sich an irgend welchem verborgenen Orte ein Stelldichein geben, die Durchführung weiterer Pläne besprechen und sich wieder trennen, um Alibis für die Zukunft vorzubereiten.
So geschah es daß, während der Eine auf einem Schiffe des Unionsgeschwaders in Hast gehalten wurde, der Andere die Ueberrumpelung von Camdleß-Bay ins Werk setzte, und wir wissen ja, wie es kam, daß er von dem in Saint-Augustine zusammengetretenen Kriegsgerichte von der wider ihn erhobenen Anklage freigesprochen wurde.«
Wir sagten schon oben, daß auch das zunehmende Alter dieser ganz außergewöhnlichen Aehnlichkeit keinen Abbruch gethan hatte. Immerhin war es möglich, daß ein äußerlicher Zufall, eine Verwundung, diese völlige Uebereinstimmung dadurch störte, daß Einer dann ein sogenanntes besonderes Kennzeichen an sich getragen hätte. Das wäre aber hinreichend gewesen, den Erfolg ihrer Machinationen auf's Spiel zu setzen.
Bei ihrem höchst abenteuerlichen Leben setzten sie sich ja Gefahren jeder Art aus, deren Folgen, wenn sie nicht zu beseitigen waren, ihnen nicht ferner gestattet hätten, Einer für den Andern einzutreten.
Sobald solche Zufälligkeiten dagegen sich verwischen oder ausgleichen ließen, hatte ihre Aehnlichkeit davon nicht weiter zu leiden.
So kam es, daß dem einen Texar bei einem nächtlichen Ueberfalle, bald nach ihrer Ankunft in Florida, durch einen ganz aus der Nähe abgegebenen Gewehrschuß der Bart verbrannt wurde Sofort ließ auch der Andere sich rasiren,[384] um gleich seinem Bruder bartlos zu erscheinen. Der Leser erinnert sich, daß dieser Thatsache bezüglich desjenigen Texar erwähnt wurde, der sich zu Anfang dieser Erzählung in der kleinen Befestigung aufhielt.
Noch eine andere Sache verdient hier Erwähnung. Der Leser hat wohl nicht vergessen, daß Zermah zur Zeit, wo sie sich noch in der Schwarzen Bucht zurückgehalten sah, beobachtete, wie der Spanier sich den linken Arm tättowiren ließ. Das geschah aus folgendem Grunde: Sein Bruder hatte sich unter der Gesellschaft floridischer Reisenden befunden, die, durch eine Bande Seminolen[385] abgefangen, ein unverwischbares Merkmal auf den linken Arm eingeritzt erhielten. Sofort wurde ein Abklatsch dieses Zeichens nach dem Blockhause gesendet, und Squambo mußte dasselbe in einer Tättowirung genau nachahmen. Die Identität Beider war nachher also wieder so vollständig wie zuvor.
Wahrlich, man wäre versucht zu glauben, daß, wenn Texar I. sich etwa ein Körperglied abnehmen lassen mußte, Texar II. sich gewiß derselben Operation unterzogen hätte.
Kurz, während eines Jahrzehntes hatten die Brüder Texar unausgesetzt diese Art Doppelexistenz geführt, und das mit solchem Geschicke, daß es ihnen bisher stets gelungen war, allen Verfolgungen der floridischen Justiz ein Schnippchen zu schlagen.
Die beiden Zwillinge hatten sich bei ihrer verbrecherischen Thätigkeit wenigstens in gewissem Grade bereichert. Eine ziemlich große, von zahlreichen Raubanfällen und Diebstählen herrührende Geldsumme lag an geheimer Stelle im Blockhause in der Schwarzen Bucht verborgen. Aus Vorsicht hatte der Spanier, als er sich für Uebersiedelung nach der Insel Carneral entschied, dieses Geld mitgenommen, und man darf überzeugt sein, daß er es auch nicht im Wigwam zurücklassen würde, wenn er sich zur Flucht jenseits der Meerenge von Bahama genöthigt sah.
Diese Schätze erschienen dem sauberen Paare aber noch nicht hinreichend. Noch wollten sie dieselben vermehren, um sie später ohne Gefahr in irgend einem Lande Europas oder Nordamerikas zu genießen.
Als sie demnach hörten, der Commodore Dupont hege die Absicht, Florida bald wieder zu räumen, da hatten sich die beiden Brüder gesagt, es werde sich ihnen dann auch mehr Gelegenheit zu weiterer Bereicherung darbieten, und sie würden die nordstaatlichen Ansiedler diese wenigen Wochen der Besetzung durch Föderirte theuer genug bezahlen lassen.
Sie waren also entschlossen, die Dinge an sich herankommen zu lassen. Einmal wieder in Jacksonville, rechneten sie, Dank ihren Parteigängern und allen gleich ihnen bedroht gewesenen Südstaatlern, sicher darauf, die Stellung wieder zu erringen, welche erst ein Volksaufstand ihnen gegeben und ein erneuter Volksaufstand also auch wiedergeben konnte.
Die Texars besaßen übrigens ein sicheres Mittel, zu erraffen, was ihnen fehlte, um reich zu sein, selbst über die Grenze ihrer Wünsche hinaus. Warum hätten sie sonst nicht auf das, Einem von ihnen durch Zermah gemachte Angebot[386] geachtet? Warum nicht zugestimmt, die kleine Dy ihren verzweifelten Eltern zurückzugeben? James Burbank hätte ja die Freiheit seines Kindes mit seinem ganzen Vermögen bezahlt. Er hätte sich verpflichtet, keinerlei Anklage zu erheben, keiner Verfolgung des Spaniers stattzugeben. Bei den Texars aber hatte der Haß eine lautere Stimme als das Interesse, und wenn sie sich noch zu bereichern suchten, so wollten sie doch ihre Rache an der Familie Burbank gekühlt haben, ehe sie Florida verließen.
Wir kennen jetzt Alles, was bezüglich der beiden Texars irgend wissenswerth erschien, und haben nur noch der Lösung des Knotens dieser Vorgänge unser Augenmerk zuzuwenden.
Es ist wohl unnöthig, besonders auszusprechen, daß Zermah Alles durchschaute, als sie sich plötzlich jenen Männern gegenüber sah. In ihrem Geiste schlossen sich die Einzelerscheinungen der Vergangenheit jetzt zu einem klargefügten Ganzen. Ganz versteinert von ihrem Anblicke, blieb sie, wie im Boden angewurzelt, das kleine Kind in den Armen haltend, regungslos stehen. Zum Glücke hatte die reichlichere Luft dieses Zimmers von dem Kinde jede Gefahr des Erstickens abgewendet.
Für Zermah aber war deren Erscheinen vor den beiden Brüdern, das von ihr entdeckte Geheimniß, die sichere Verurtheilung zum Tode.
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