37. Der Winterschmaus

[219] 29.–30. Dezember 1799.


Schneidender Ostorkan aus Sibirien saust am Doppelfenster;

Bepackt mit Feurung knarrt im Frost die Lastfuhr.

Weder den Schnee durchklingelt ein Schlittener, noch umschwebt ein Läufer

Mit Stahl der Eisbahn blankgefegten Marmor.
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Einzelne traben im Sturm, wie gefittiget; auch das arme Mägdlein

Knirrt rasches Fußtritts, Haub' und Mantel haltend.

Selbst im Stalle der Hahn traurt klösterlich, krähet kaum, und duldet,

Gelockt zum Futter, Kräh' als Gast und Sperling.


Stolberg, trotz dem Orkan, wie er wintere, komm in falber Wildschur,

Dem Bärenturban dicken Dampf entatmend;

Keck in Vließ und Karosse begleite dich unsre Frau Sophia,

Und deine Jungfrau'n, eingemummt in Rauchwerk.


Lenz hier wärmt das Gemach, und Heiterkeit. Lenz umgrünt das Fenster,

Und höhnt des Frostes blumenhaft Gegaukel.

Lenz in dem Käfige singt der Kanarier, froh des krausen Kohles,

Woran Krystall in heller Sonn' ihm funkelt.


Froh, wie in blühender Bäum' Umdämmerung, klingt der Feiergläser

Geläut mit Glückwunsch um die Hirtentafel.

Manches Gesangs Nachhall aus Jonia, mancher Laut vom Tibris,

Wo junger Frühling ewig blüht, umweht uns,


Mit herzengendes Grams Aufheiterung. Eine Ros' auch spiegelt

In deinem Kelchglas purpurrot ihr Antlitz,

Die mein kosendes Weib sanft pflegete. Horch sie duftet lispelnd:

»Schnell rollt das Schicksal; blüht mir auch im Winter!«


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 49, Stuttgart [o.J.], S. 219-220.
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