[230] Eva, Adam, Gott vater, Engel.
EVA.
Ach, Adam, byn von hertzen sihr
Von Gott erschreckt, der hat auch mir
Auff geleget drey schwere plag,
Sol ich tragen mein lebe tag.
Die erste krencket meinen sinn,
Sol ich han, wenn ich schwanger bin.
Viel kommers not sol mir werhen
Und mit schmertz mein kindt gepern.
Die dritte plag und schwere pein:
Sol dir alzeit gehorsam sein,
Ich sol mich stetz vor dir tücken,
Auch nichts gegen dir auffrücken,
Auch soltu sein alzeit mein herr.
Ich mein, das seint drey plagen schwer,
Die ich mein leben lanck sol tragen,
Ich mus darvor gantz vorzagen.
ADAM.
Eva, du solt des nicht erschrecken,
Das dich Gott itzund wil stecken
In solch zeitlich geringe not;
Du weist, wir han den ewig todt
Vordint mit unser sünden schwer,
Der wil Gott nicht gedencken mehr,
Die an uns hie zeitlich straffen,
Solchs thut noch seim willen schaffen.
Desgleichen wil Gott an mir auch thun,
Ich sol alhie auff erden nun
Allezeit inn kommer und not
Mein narung, speis und auch das brodt
Im schweis meins angsichts erwerben,
So lang ich zeitlich thu sterben,
Dann ich bin von der erdt genommen,[231]
Darein sol ich widder komen.
Drumb, Eva, dich solln nicht krencken
Dis zeitlich straff, du salt bdencken
Viel mehr, das Gott uns schencken thut
Unser sündt, kompt uns stetz zu gut,
Wie er uns itzt vorheischen hat.
Das merck, Eva, frw und spat,
Das von dir sal geporen werden
Aller mensch heiland auff erden,
Der sol erwürgen unser veind,
Die vier, die dort auch vor uns seind.
Das saltu auch zu aller stundt
Gantz fest gleuben aus hertzen grundt,
Aus deim hertz nicht nemen lassen,
Stetz mit rechtem glauben fassen
Und diese straff willig leiden,
So müssen dich dein veindt meiden.
EVA.
Adam, eins mus ich dich fragen:
Wie? thetestu auch itzt sagen,
Müssen wir auch beide sterben,
So werden wir gar vorterben?
ADAM.
Ja, Eva, das mus also sein,
Das fleisch mus leiden todes pein,
Aber die seel mus ewig lebn,
Der ist unsterbligkeit gebn.
So der leib mit zeitlichem todt
Nicht stürbe, könten wir aus not
Auch alhie auff dieser erden
Alzeit nicht erlöset werden
Vom gesetz, sündt, teuffel und todt,
Darzu von unser aller not,
Darumb thut Gott uns das zu gut,[232]
Dann er helt uns inn seiner hut.
GOTT VATER.
Adam und Eva, komet schir
Und nempt disse peltz rock von mir,
Das ihr euch auch bedecket gantz
Und euch nicht schempt vors tages glantz.
ADAM.
Eva, das sol uns ein trost sein,
Darzu ein stück der gnade fein,
Das Gott uns auch vorsorgen thut
Mit kleidung durch sein milde gudt
Und sollen stetz daraus fassen,
Das uns Gott nicht wil vorlassen,
Wil uns helffen auffs aller best,
So wirs yhm nur vortrawen fest,
Dann sich, ehe wir drauff gedencken,
Thut uns Gott die kleidung schencken.
GOTT VATER.
Sie, Adam, ist nun worden klug,
Als unser einer, weis genug,
Was gut, darzu auch böse ist,
Auff das ihm nu zu dieser frist
Des lebens baum nicht wert bekant
Und nicht ausstrecke seine hant
Und es der frucht auch miltiglich,
Lebe also auch ewiglich,
So hab ich auch beschlossen gar
Zu füren aus dem garten zwar.
ADAM.
Ach, übel haben wir gethan,
Das wir der schlang gehorchet han
Und wolten so klug als Gott sein.
Ich mein, wir hans getroffen fein,
Weil wir die sünd han begangen,
Seint wir damit gantz gevangen,
Thut uns im gewissen krencken,[233]
Stetz wenn wir daran gedencken,
So seint wir auch in solcher not,
Han nichts gewissers dann den todt,
Das wir zeitlich müssen sterben.
Hoff, Gott wert uns nicht vorderben,
Das wir ewig vorlorn sein,
Dann ich glaub fest ym hertzen mein
An den Samen zu aller frist,
Der uns von Gott vorheischen ist,
Der uns alzeit erlösen sall
Und brengen uns aus aller qual.
ENGEL.
Adam, von Gott ist beschlossen,
Das du itzt werst ausgeschlossen
Aus diesem lustgarten so fein
Und das du komest nicht mehr darein.
Es wert davor geleget hart
Ein Cherubin, ein schwerd zur fart,
Die sollen auch bewaren schon
Den baum des lebens, das darvon
Niemants esse inn ewigkeit,
Des todes müssen gantz bereit
Zeitlich die menschen alzumal
Hinfurt sterben nach deinem fal.
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