Scena prima.

[245] Cayn, Sathan.


CAYN.

Ich bin der erst geporen son,

Von eitern geleibet schon,

Sie halten mich gantz lieb und wert,

Thun mir stetz, was mein hertz begert.

Des frew ich mich zu aller fart,

Doch ist inn mir ein böse art,[245]

Zu aller bosheit stetz geneigt,

Nichts gut sich auch inn mir erzeigt,

Ich bin vorrücket gantz und gar,

Auf niemants geb ich umb ein har,

Ich frag nichts nach den eitern mein,

Kan wil ihn nicht gehorsam sein,

Ich kehr mich auch nicht an ihr lehr,

Kein bösheit ist mir stetz zu schwer,

Hab bey mir den eigen willen,

Kein bitt noch straff kann ihn stillen,

Kein radt, flehen, noch vormanen,

Keine gunst zum guten namen,

Keine forcht, liebe, ehr und zucht

Mögen inn mir auch brengen frucht.

Noch meim alten frag ich nicht vil,

Des vaters und der mutter wil

Mag mich gar inn keinem zwingen

Inn menschen oder Gottes dingen,

Darzu thun sie mir auch sagen,

Sal geschen inn künfftigen tagen,

Vom weib sol geporn werden

Gottes son, ein mensch, auff erden,

Und ob das auch nu kan gesein,

Weis nicht, kan mich nicht schicken drein.

Es sey nu auch, gleich wie es wil,

Bekömert mich die sach nicht vil

Und thut mich auch nicht fast krencken,

Ich mus auff ein anders dencken,

Das ich ererb auff dieser erdt

Mein narung und das ich auch werdt

Ein ackerman zu dieser frist

Und nere mich mit trug und list,

Das ich behalt die uberhandt

Vor mein brüdern auff dem landt.

SATHAN.

Das ist mir ein rechter gesel,

Der wert mir gudt nab inn die hel,[246]

Der fraget auch noch keim gepot,

Darzu nicht viel nach seinem Gott,

Wil ihn darumb zu aller frist

Streichen, halten mit aller list,

Wil ihm schaffen wollust und freudt,

Ihm widerfert von mir kein leidt.

Zum anderen ich ghe zur fart,

Das ich erforsch seins hertzens arth.


Quelle:
Dramen von Ackermann und Voith. Tübingen 1884, S. 245-247.
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