Erster Aufzug


[585] Das Innere eines Wohnraumes


In der Mitte steht der Stamm einer mächtigen Esche, dessen stark erhabene Wurzeln sich weithin in den Erdboden verlieren; von seinem Wipfel ist der Baum durch ein gezimmertes Dach geschieden, welches so durchschnitten ist, daß der Stamm und die nach allen Seiten hin sich ausstreckenden Äste durch genau entsprechende Öffnungen hindurchgehen; von dem belaubten Wipfel wird angenommen, daß er sich über dieses Dach ausbreite. Um den Eschenstamm, als Mittelpunkt, ist nun ein Saal gezimmert; die Wände sind aus roh behauenem Holzwerk, hie und da mit geflochtenen und gewebten Decken behangen. Rechts im Vordergrunde steht der Herd, dessen Rauchfang seitswärts zum Dache hinausführt. Hinter dem Herde befindet sich ein innerer Raum, gleich einem Vorratsspeicher, zu dem man auf eigenen hölzernen Stufen hinaufsteigt; davor hängt, halb zurückgeschlagen, eine geflochtene Decke. Im Hintergrunde eine Eingangstür mit schlichtem Holzriegel. Links, die Türe zu einem inneren Gemache, zu dem gleichfalls Stufen hinaufführen; weiter vorne auf derselben Seite ein Tisch mit einer

breiten, an der Wand angezimmerten Bank dahinter und hölzernen Schemeln davor. Die Bühne bleibt eine Zeitlang leer, außen Sturm, im Begriffe sich gänzlich zu legen. Siegmund öffnet von außen die Eingangstüre und tritt ein. Er hält den Riegel noch in der Hand und überblickt den Wohnraum: er scheint von übermäßiger Anstrengung erschöpft; sein Gewand und Aussehen zeigen, daß er sich auf der Flucht befinde. Da er niemand gewahrt, schließt er hinter sich, schreitet mit der äußersten Anstrengung eines Todmüden auf den Herd zu und wirft sich dort auf eine Decke von Bärenfell nieder


Quelle:
Richard Wagner: Die Musikdramen. Hamburg 1971, S. 585.
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