20

[413] In ihren Gesprächen waren Christian und Crammon immer tiefer in die Gassen des Hafenviertels gelangt. »Laß uns umkehren und einen Ausweg suchen,« riet Crammon, »hier ist nicht gut sein. Es ist eine verdammte Gegend, will mich dünken.«

Er sah sich spähend um, auch Christian sah sich um. Als sie ein paar Schritte weitergegangen waren, sahen sie einen Mann bäuchlings auf dem Pflaster liegen. Er machte krampfhafte Bewegungen, krächzte lästerliche Flüche und ballte die Faust gegen eine rotverhängte, beleuchtete Glastür, zu welcher von der Gasse ein paar Stufen hinunterführten.

Plötzlich öffnete sich die Tür, und ein zweiter Mensch flog heraus; eine Schachtel, ein Regenschirm und ein steifer Hut wurden ihm nachgeworfen. Er stolperte mit um sich greifenden Armen über die Stufen herauf, stürzte neben den ersten hin und blieb mit stieren Augen sitzen.

Christian und Crammon schauten durch die offene Tür in die Kaschemme. In dunstigem Halblicht hockten zwanzig bis dreißig Menschen beieinander. Das eintönige Greinen eines Weibes war hörbar, bald in schrillen, bald in dumpfen Tönen.[413]

Die Glastür wurde zugeknallt.

»Ich will mal sehen, was da vorgeht,« sagte Christian und stieg die Stufen hinunter. Crammon konnte nur noch einen erschrockenen Warnruf ausstoßen; nach kurzem Zögern folgte er. Eine Fuselwolke schlug ihm entgegen, als er hinter Christian in den unterirdischen Raum trat.

An Tischen und auf dem Boden kauerten Männer und Weiber; in jeder Ecke lagen einige im Knäuel, schlafend oder betrunken. Die auf die Ankömmlinge gerichteten Augen blinkten gläsern. Die Gesichter hatten Ähnlichkeit mit Lehmklumpen. Der Raum mit den schmutzigen Tischen, Gläsern, Flaschen hatte ein Kolorit von Scharlach und Gelb. Zwei handfeste Kerle standen am Ausschank.

Das Weib, dessen Greinen bis auf die Straße gedrungen war, saß mit blutüberströmtem Gesicht auf einer Wandbank und gab immerfort die flennenden, viehisch monotonen Laute von sich. Vor ihr stand mit gegrätschten Beinen, anders konnte er sich nicht aufrecht halten, der riesige Mensch, den Christian beim Leichenbegängnis der Dirne gesehen hatte, der mit den zusammengewachsenen Brauen und dem Karneol am Zeigefinger. »Et jibt wat aus der Armenkasse, wart nur,« schrie er heiser, im plattesten Berliner Jargon, »dir wer'k uf'n Drab bringen. Krist eens ufs Hauptjebäude. Denn kannste dein Kopp in Mond suchen.«

Auf der Schwelle einer offenen Tür im Hintergrund stand ein beleibter Mann mit zahllosen Anhängseln auf der karierten Weste. Eine dicke Zigarre starrte ihm aus gelben Zähnen; er schaute dem Vorgang mit überlegener Ruhe zu. Es war der Besitzer des Lokals. Als er die beiden Fremden erblickte, zog er die Stirn in die Höhe. Er hielt sie zuerst für Detektivs und eilte auf sie zu. Dann sah er, daß er sich getäuscht hatte, und wunderte sich. »Kommen Sie in mein Bureau, meine Herren,« sagte er mit einer feisten Stimme und ohne die Zigarre aus dem Munde zu tun, »kommen Sie nach hinten, ich[414] setze Ihnen einen guten Tropfen vor.« Er zog Christian am Arm nach sich. Ein Weib mit einem gelben Kopftuch richtete sich vom Boden auf, streckte Christian die Hände flehend hin und bat um einen Groschen. Christian fuhr zurück wie vor Gewürm.

Ein Alter wollte den mit dem Karneol verhindern, das blutüberströmte Frauenzimmer weiter zu mißhandeln. Er nannte ihn Meseckekarl, schmeichelnd und furchtsam. Aber Meseckekarl hieb ihm die Faust unters Kinn, daß er röchelnd wankte. Da murrten einige, doch keiner wagte sich gegen den Goliath. »Er will Pinke von ihr,« raunte der Besitzer Christian zu, »sie soll noch mal auf die Gasse und Lemlem bringen. Man kann da vorläufig nichts machen.«

Er packte mit der andern Hand auch Crammon am Ärmel und zog beide durch die Tür in einen finstern Flur. »Die Herren wollen sich wohl in meinem Lokal interessieren?« forschte er unruhig. Er klinkte eine Tür auf und zwang sie einzutreten. Der Raum, in den sie kamen, zeigte einen geschmacklosen Luxus von Plüschmöbeln, Sofas, Sesseln, goldgerahmten Bildern und Portieren. Er hatte etwa fünf Meter im Geviert; alles stand dicht beieinander wie in einem Magazin; gekreuzte Schwerter hingen über einem Bukett aus Pfauenfedern, darüber eine violette Studentenmütze. Zwischen zwei Fenstern stand ein Schreibtisch mit geneigten Pulten, von Geschäftsbüchern bedeckt; an einem Pult schrieb ein schattenhaft magerer Mensch, wachsgelb im Gesicht. Er erschrak, als der Wirt ins Zimmer trat und beugte sich eifriger über seine Arbeit.

»Ich muß die Herren in Verwahrsam halten,« sagte der Wirt, »es könnte sonst 'n Malheur passieren. Wenn sich die Kanallje draußen beruhigt hat, können Sie ja unser Museum genauer in Augenschein nehmen. Sind wohl zugereist, die Herren?« Er langte auf ein Regal und holte eine Flasche herunter. »Dreiundneunziger Kognak,« fistelte er, »edelste Marke; die Herren müssen kosten. Ich liefere per Flasche[415] und im Dutzend. 'n ochsig guter Tropfen. Kosten die Herren doch.«

Crammon schaute Christian an, dessen Gesicht ohne Regung von Unruhe war. Er ging mit düsterer Stirn an den Tisch und nippte geistesabwesend von dem Kognakglas, das der Wirt eingeschenkt hatte. Kognak war immerhin eine Zuflucht.

Indessen drang von draußen entsetzlicher Lärm herein. »Mir scheint, es gibt Senge,« sagte der Wirt, lauschte einen Moment und verschwand dann. Der Lärm schwoll an, aber plötzlich wurde es wieder still. Da sagte der Schreiber, ohne sein wachsgelbes Gesicht vom Pult zu heben: »Kein Mensch kann das aushalten. So ist es Nacht für Nacht. Und in den Büchern hier steht, was dabei verdient wird. Hunderttausende. Er ist ein Millionär, der Mann; Hillebohm rafft Millionen zusammen, ohne Erbarmen, ohne Erbarmen. Kein Mensch kann das mitansehen.«

Es klang wie die Worte eines Wahnsinnigen.

»Sollen wir uns hier einsperren lassen?« fragte Crammon entrüstet; »was ist das für eine Unverschämtheit?«

Christian öffnete die Tür, Crammon zog aus seiner hinteren Beinkleidtasche den Browning, den er stets bei sich trug. Sie schritten über den Flur zurück und blieben am Eingang zur Kaschemme stehen. Meseckekarl war verschwunden; man hatte ihn mit vereinten Kräften ins Freie befördert. Das Frauenzimmer, von dem er Geld erpressen gewollt, wusch sich mit einem nassen Tuch das Gesicht ab. »Sei nur stille, Karen,« tröstete sie jener Alte, der vorhin geschlagen worden war, »sei nur stille, 's wird schon wieder werden.« Sie hörte nicht auf ihn und sah tückisch und böse aus.

Auf ihrem Kopf loderte ein Gewirr von gelben Haaren, hoch wie ein Helm, verstrickt wie Tabaksfäden. Während sie geblutet, hatte sie mit dem Handrücken häufig über die Augen gewischt und dabei die Haare mit Blut besudelt.

»Jetzt geh mal nach Hause,« gebot ihr der Wirt. »Wasch[416] dir deine Vorderflossen ab und geh und grüß Gott, wenn du 'n siehst. Mach nich so lang, sonst kommt er wieder, dein Bräutigam, und es setzt neue Bimse.«

Sie rührte sich nicht. »Nu, mach schon, Karen,« keifte ein Weib, »mach schon. Willst dir denn noch mal vertobacken lassen?«

Sie rührte sich nicht. Schwer atmend schaute sie jäh zu Christian auf.

»Kommen Sie mit uns,« sagte Christian unerwartet. Von der Schank herüber schmetterte ein Gelächter. Crammon legte Christian in verzweifelter Mahnung die Hand auf die Schulter.

»Kommen Sie mit uns,« wiederholte Christian ruhig, »wir werden Sie nach Hause führen.«

Dutzende von verglasten Augen stierten höhnisch. »Dübel, Dübel, Dübel, so wat Feines,« meckerte eine Stimme. Eine zweite fiel ein im Tonfall, wie man Verse skandiert: »Wenn det nich jut for die Wanzen is, denn weeß ich nich, was besser is. Besinn dir nich, Karen Engelschall; flink auf die Beene, Droomtute.«

Karen erhob sich. Sie hatte den scheuen und finstern Blick noch nicht von Christian gewandt. Seine Schönheit machte einen verblüffenden Eindruck auf sie. Ein schiefes, zynisches Lächeln, das furchtsam wurde, glitt über ihre vollen Lippen.

Sie war ziemlich groß. Sie hatte üppige Schultern und eine starke Brust; sie war schwanger, vielleicht in der Mitte der Zeit; man sah es deutlich, als sie stand. Sie trug ein dunkelgrünes Kleid mit grünschillernden Knöpfen und unter dem Hals eine grellrote Seidenschleife, auf der eine Brosche befestigt war, ein venetianischer Gondelkopf aus Silber mit eingelegten Granatsteinen und der Inschrift: Ricordo di Venezia. Ihre Schuhe waren plump und kotig. Der Hut, ein Lacklederhut mit einem Büschel roter Gummikirschen, lag neben ihr auf der Bank. Sie griff danach. Es war ein sonderbarer Raubtiergriff.[417]

Christian sah die Seidenschleife mit der silbernen Brosche an, auf der Ricordo di Venezia stand.

Crammon suchte Rückendeckung, denn es kamen neue Gäste, Individuen mit verdächtigen Gesichtern. Er hatte begonnen, sich ins Unvermeidliche, Unbegreifliche zu fügen, und war entschlossen, seinen Mann zu stellen. Innerlich knirschte er über die Abwesenheit obrigkeitlicher Organe. No my dear, redete er vor sich hin, aus dieser Hölle kommen wir lebendig nicht mehr heraus. Und er dachte an sein Hotelbett, an sein köstliches Bad mit wohlriechenden Essenzen, an das leckere Frühstück, an eine Schachtel mit Lindt-Schokolade, die auf seinem Nachttisch auf ihn wartete; er dachte an junge Mädchen, die nach frischer Wäsche rochen, überhaupt an angenehme Gerüche, an Ariels Lächeln, an Rumpelstilzchens Heiterkeit, an den Expreßzug, der ihn nach Wien bringen sollte; an alles das dachte er, wie wenn seine letzte Stunde gekommen wäre.

Zwei Matrosen schleppten zwischen sich ein Mädchen die Treppe herunter, das vor Betrunkenheit fahl und steif war. Als sie unten waren, schmissen sie es roh auf die Erde. Das Geschöpf röchelte und hatte einen geisterhaft wollüstigen, ja lasziven Ausdruck im Gesicht. Sie blieb steif wie eine Latte liegen. Die Matrosen fragten herausfordernd nach dem Meseckekarl. Es schien, daß sie ihn draußen getroffen und von ihm aufgestachelt worden waren. Sie wollten den Wirt provozieren. Der eine hatte eine breite Schramme auf der Stirn; des andern Arme waren nackt und bis zu den Schultern hinauf über und über blau tätowiert. Man sah als Zeichnung eine Schlange, ein beflügeltes Rad, einen Anker, einen Totenschädel, einen Phallus, eine Wage, einen Fisch und noch vieles.

Beide maßen Christian und Crammon frech blickend. Der Tätowierte deutete auf den Revolver, den Crammon in der gesenkten Hand hielt und sagte: »Steck nur die Pixtaule wieder ein, sonst sollste mit Vergißmeinnicht handeln.«[418]

Der andre stellte sich so dicht vor Christian hin, daß dieser erbleichte. Gemeinheit hatte ihn noch niemals angetastet, Schimpf und Unflat nie bespritzt. Vor Verachtung und Ekel überlief es ihn heiß. Dies konnte zur Umkehr nötigen. Es war schlimmer als die Vision des Bösen im Hause Szilaghins.

Das Gemeine konnte zur Umkehr zwingen.

Wie er aber dem Menschen in die Augen sah, merkte er, daß diese seinen Blick nicht ertrugen. Sie zuckten, flatterten, entflohen. Die Wahrnehmung verlieh ihm Mut und das Gefühl einer innern Kraft, deren Tragweite noch unbestimmt war.

»Ruhe im Glied,« fuhr der Wirt die beiden Matrosen an, »nu soll Ruhe sein. Ihr wollt mir woll die Pollezei uf'n Hals hetzen; det fehlte mir noch. Ruhig, Ede; hast woll 'n kleenen Lütiti. Die Deern mag mit die Kavaliers fortgehn, die Herren zahlen ihre Zeche: zwee Glas fin Schampanje; eene Mark un fumfzig und damit Gott befohlen.«

Crammon legte ein Zweimarkstück auf den Tisch. Karen Engelschall hatte den Hut auf das Haar gesteckt und wandte sich zur Treppe. Christian und Crammon folgten, der Wirt begleitete sie mit sarkastischen Verbeugungen, die beiden Athleten vom Schanktisch bildeten obendrein Schutzgarde. Ein paar Halbbetrunkene sangen in der Melodie des Torgauer Marsches: »Fritze Weber / Hat'n Kleber / An de Zunge / An de Lunge / An de Leber.«

Die Gasse war menschenleer. Karen spähte hinauf, hinunter und schien unschlüssig, wohin sie ihre Schritte lenken sollte. Crammon fragte sie, wo sie wohne. Ohne ihn anzuschauen erwiderte sie barsch, sie wolle nicht nach Haus. »Wohin dürfen wir Sie sonst bringen?« fragte Crammon weiter, sich zu Geduld und Rücksicht überwindend. Sie zuckte die Achseln. »Ist mir ganz egal,« sagte sie; dann nach einer Weile, mit Trotz: »Ich brauch Sie ja gar nicht.«

Sie gingen in der Richtung gegen den Hafen, Karen zwischen Christian und Crammon. Einen Augenblick blieb sie stehen[419] und murmelte mit schaudernder Angst: »Daß ich bloß nicht ihm in die Hände laufe; bloß das nicht.«

»Machen Sie uns also einen Vorschlag,« redete ihr Crammon zu. Er wäre am liebsten auf und davon gegangen, aber um Christians willen, um Christian mit heiler Haut aus dem schlimmen Abenteuer zu ziehen, tat er sich Gewalt an und spielte den Menschenfreundlichen.

Karen Engelschall antwortete nicht und ging rascher, da sie unter einer Laterne eine Gestalt gewahrte. Bis sie aus deren Blickbereich war, flog ihr Atem in rasender Furcht. Man hörte es.

»Sollen wir Ihnen Geld geben?« fuhr Crammon zu fragen fort.

Sie entgegnete zornig: »Ich brauche nicht Ihr Geld. Will kein Geld.« Sie schielte verstohlen zu Christian hinüber, und ihr Gesicht wurde tückisch und verschlossen.

Crammon verließ den Platz an ihrer Seite, ging zu Christian und sagte französisch: »Es ist am besten, wir führen sie in irgendein Hafengasthaus, wo sie ein Zimmer und ein Bett bekommt. Wir können ja eine Summe für sie erlegen, damit man sie eine Zeitlang behält. Dann mag sie sich selber helfen.«

»Ganz recht, das wird am besten sein,« antwortete Christian, und als habe er nicht die Sprache für sie, fügte er hinzu: »Sag es ihr.«

Karen war stehengeblieben; sie zog wie frierend die Schultern hinauf und sagte mit einer vom Trinken heiseren Stimme: »Laßt mich doch in Frieden. Was schwatzt ihr da? Ich geh nicht einen Schritt mehr. Bin zu müd. Kümmert euch nicht um mich.« Sie lehnte sich an die Mauer eines Hauses, wobei sich der Lacklederhut mit den Gummikirschen in die Stirn schob. Reizloseres, Verwüsteteres als der Anblick, den sie darbot, war kaum zu denken.

»Hängt dort nicht ein Gasthausschild?« fragte Crammon und wies auf eine beleuchtete Tafel am Ende der Straße.[420]

Christian, der ungemein scharfe Augen hatte, sah hin und antwortete: »Ja. König von Griechenland steht darauf. Geh, bitte, hin und erkundige dich.«

»Liebliche Gegend,« murrte Crammon, »liebliches Geschäft. Ich büße meine Sünden.« Er ging.

Christian blieb schweigend bei der Dirne stehen. Karen schaute stumm und verdrossen zur Erde. Ihre Finger nestelten an der Seidenschleife. Christian lauschte auf den Schlag von Turmuhren. Es schlug zwei. Endlich zeigte sich Crammon wieder auf der Straße. Er winkte von weitem und rief: »Ready.«

Jetzt sprach Christian das Mädchen zum erstenmal an. »Es ist eine Unterkunft für Sie gefunden,« sagte er ein wenig näselnd und blinzelte stark, was er sonst niemals tat. Seine eigne Stimme klang ihm außerordentlich unsympathisch. »Sie können dort einige Tage bleiben.«

Sie sah ihn mit haßvoll funkelnden Augen an; eine unsägliche Neugier, keine Neugier guter Art, brannte in dem Blick, dann senkte sie die Augen wieder. Christian fuhr gezwungen fort: »Ich denke, Sie werden da in Sicherheit sein vor dem Menschen. Ruhen Sie sich aus. Vielleicht sind Sie krank. Man kann ja einen Arzt benachrichtigen.«

Sie lachte leise und höhnisch. Ihr Atem roch nach Schnaps.

Crammon rief abermals: »Ready!«

»Nun, so kommen Sie,« sagte Christian, seinen Widerwillen nur mit Mühe beherrschend.

Seine Stimme und seine Worte machten denselben verblüffenden Eindruck auf Karen wie vorher seine Schönheit. Sie schickte sich in einer Weise zum Gehen an, als würde sie von hinten geschoben.

Ein verschlafener Pförtner in Pantoffeln stand an der Tür des Gasthauses. Seine demütige Höflichkeit bewies, daß Crammon verstanden hatte, ihn zu behandeln. »Nummer vierzehn im zweiten Stock ist frei,« sagte er.[421]

»Schicken Sie morgen jemand in Ihr Logis und lassen Sie Ihre Sachen holen,« riet Crammon dem Mädchen.

Sie schien nicht zu hören. Ohne Gruß, ohne Blick, ohne Dank stieg sie, von dem Pförtner geführt, die mit einem schmutzigroten Teppich belegte Treppe hinauf. Die Gummikirschen auf dem Hut klapperten leise gegen das Leder. Die plumpe Gestalt verlor sich in der Schwärze.

Crammon atmete auf. »Jetzt um jeden Preis vier Räder!« ächzte er. An einer Straßenecke fanden sie einen Wagen.

Quelle:
Jakob Wassermann: Christian Wahnschaffe. Berlin 56-591928, S. 413-422.
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