|
[53] Die Vorigen, Michel. Marthe. Röschen.
RÖSCHEN. Da Vater, habt Ihr die Laterne![53]
MICHEL. Nu Marthe? wie ich Dir gesagt habe! der Tag, da unser lieber König hier jagt, ist so gut, als ein Feyertag. Das Ding ist nicht geschehen, weil ich zu denken weiß. Nur so viel kann ich mich noch besinnen – – ich war etwan ein Junge in der Höhe, – daß mir mein Vater erzählte, seine Mutter hätte ihm erzählt, daß der vorige Herr, oder sein Grosvater, einmal hier gejagt hätte, als sie etwan ein Ding so groß, wie Märtens Aennchen gewesen wäre. – – Der beste Schinken muß heute angeschnitten werden: Du kannst auch einen warmen Krautsalat mit Speck machen, und wenn Du auch sonst was gutes hast, so giebs. Es könnte noch darzu kommen, daß unser Christel wieder käme, da der König nicht in der Stadt ist: der muß was warmes finden. Hörst Du?[54]
MARTHE. Gut, gut!
RÖSCHEN. Ach! Vater, darf ich nicht ein Eckchen mitgehen? Ich möchte gar zu gerne auch den König sehen.
MICHEL. So recht eben nicht. Es sind immer hinter den großen Herren so viel Schnapphähne her: und aufm Dorfe ist ihnen auch wohl ein Bauermädchen gut genug.
TÖFFEL. Ja, man hat der Exempel –
RÖSCHEN droht ihm. Willst Du! – –
MICHEL. Nu, nur in der Ferne! nicht in Wald, das sag' ich Dir! – da, stelle Dich auf den Hügel dort an die Ecke hin, und wenn Du Dir so[55] einen vornehmen Rock auf Dich loskommen siehst, so reiß' geschwind aus. Hörst Du, Mädchen?
RÖSCHEN. Ja, ja, Vater!
TÖFFEL. Folge hübsch: denn ich möchte Dir nicht so eine Historie, wie Christel haben.
RÖSCHEN. Halts Maul, oder –
Quatro.
Michel. Marthe. Töffel. Röschen.
MICHEL.
Nu! Marthe, lebe wohl!
MARTHE.
Nu Michel, lebe wohl!
TÖFFEL.
Nu! Röse, lebe wohl!
RÖSCHEN.
Nu! Töffel, lebe wohl!
MICHEL zu Marthe.
Nimm fein zu Hause Dich
Der Wirthschaft treulich an!
MARTHE.
Je! das verstehet sich,
Ich thue, was ich kann.[56]
TÖFFEL.
Mein Röschen denk' an mich,
So, wie Du sonst gethan!
RÖSCHEN.
Du, Töffel, beßre Dich,
Sonst bist Du nicht mein Mann!
MICHEL.
Leb' wohl Marthe. Leb wohl!
TÖFFEL.
Leb wohl! Röschen Leb wohl!
MICHEL allein.
Der König lebe wohl!
So geht es, wie es soll.
ALLE.
Der König lebe wohl!
So geht es, wie es soll:
So gehts uns allen wohl!
Sie wollen abziehen: die Bauren laufen alle unter einander, und indem jeder zuerst hinaus will, stößt einer den andern übern Haufen, oder vertritt ihm den Weg.
MICHEL. Halt! das geht nicht an, daß Ihr so, wie die Schweine durch einander lauft. Wartet! wir wollen ein bischen in guter Ordnung ausziehn, daß es doch eine Art[57] hat. Wenn wir am Wald kommen, so will ich schon jedem seinen Platz anweisen. Ich geh' voran. Dann Quaas und Gürge, dann Hans und Märten, dann Barthel und Andres, dann Muffs Fritze, und Tölpels Kasper: dann beschließt Töffel den Zug, mit der Pistole – Da, Töffel, greif zu! – – Er reicht ihm die Pistole, nach dem er sie gestellt hat. Nu so!
RÖSCHEN. Nun, Vater? ich darf doch noch ein Eckchen mitgehn?
MICHEL. Nu, es sey! aber, wie ich gesagt habe; bis ans Holz! Du kannst mir so weit die Laterne tragen. Die Mutter muß aber mitgehen, daß sie Dich wieder nach Hause bringt.
TÖFFEL. Ja, die Mutter muß mitgehn! Röschen spottet ihm nach.[58]
MICHEL. Nu, wir wollen doch auch eines zu unserm Zuge anstimmen! Sie ziehen um das Theater umher, und singen folgendes Liedchen.
ALLE.
Der König jagt: der ganze Wald
Braust vom Getümmel schon:
Aus jedem Thal und Busche schallt
Der lauten Hörner Ton.
Tatrah! tatrah! tatrah!
Durch das Gesträuch reißt sich das Roß
Mit starkem Ungestüm:
Kein Spieß schreckt es, und kein Geschoß;
Die Freude schreyt aus ihm:
Hinni, hinni, hinni!
Die kühnen Hunde fürchten nicht
Des Ebers Mörderzahn:
Erhitzt und auf den Raub erpicht
Fliegt jeder, und schlägt an:
Hauhau, hauhau, hauhau!
[59]
Der Jäger Schwarm stürzt hinter her
Wild, wie sein Pferd, und Hund.
Piff, puff, paff, puff geht sein Gewehr.
Und dazu geht sein Mund:
Hußah, hußah, hußah![60]
Buchempfehlung
Nachdem Musarion sich mit ihrem Freund Phanias gestrittet hat, flüchtet sich dieser in sinnenfeindliche Meditation und hängt zwei radikalen philosophischen Lehrern an. Musarion provoziert eine Diskussion zwischen den Philosophen, die in einer Prügelei mündet und Phanias erkennen lässt, dass die beiden »nicht ganz so weise als ihr System sind.«
52 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro