Achter Auftritt.

[15] Faust, Mephistopheles.


MEPHISTOPHELES. Faust, alle deine Wünsche sind erfüllt. Drey Tage war ich beschäftigt deine Befehle zu vollziehen. Itzt hast du noch einen Tag.

FAUST. Zu was soll ich ihn anwenden?

MEPHISTOPHELES. Fröhlig zu seyn, und noch mehr Uebel zu thun, als du schon gethan hast.

FAUST. Der Tag macht mich zittern – Du bist ein Teufel –

MEPHISTOPHELES. Warum bebst du heut? Was fürchtest du? – Weil vie Zeit kurz ist; so wollen wir vectraut miteinander sprechen. Oefne die Augen. Wer warst du, eh du mich kanntest? Sprich, in welchem Stande hat dich dein so gepriesener Schöpfer gesetzt? – Du warst ein Elender, der Spott der Erde, ein Bettler jeder Stunde. Er giebt euch ein elendes Leben; er schenkt euch diese häßliche Wohnung; er setzt[15] euch unmögliche Gesetze; Er läst euch über eure Zukunft zittern, und dräut euch immer mit Strafen. Ich hingegen mache dich glücklich. Ich verscheuche aus deinem Herzen die Unlust. Ich erlaube dir alle Freuden, und am Ende führe ich dich mit klingenden Spiele und fliegenden Fahnen in eben die Hölle, in welche jener despot dich mit Blitz und Donner hinabschleudern wird.

FAUST. Wie kann ich das wissen?

MEPHISTOPHELES. Schließ von dem gegenwärtigen Leben auf das Zukünftige- Wenn euch dieser Gott so liebt, wenn er euer zärtlicher Vater ist, wie er sich rühmet, warum verweiset Er euch seme Kinder auf eine unfruchtbare, verfluchte Erde? warum öfnet er euch nicht sein leeres Paradies? warum löst er seinen Himmel unbevölkert, den wir geraumt haben?

FAUST. Du bist beredt, aber meine Seele –

MEPHISTOPHELES. Wird bey uns gut wohnen. Schämst du dich etwa unser? – Wer bist du verächtlicher Erdewurm? Wir sind die ersten Geister, die einst die Zierde der ganzen Schöpfung, und die Stärke des göttlichen Thrones waren. Folg mir, bey uns tritst du in die feyerlichen Rechte erhabener Geister, du sollst frey denken!

FAUST. Wenn eure Hölle nicht fürchterlich ist, warum ist sie ein Ort der Strafe; warum empört sich unsere Natur vor ihr und euch?

MEPHISTOPHELES. Das ist ein Kunstgriff unsers Feindes. Er will dadurch unsere Parthey schwächen. Wenn[16] ihr klug wäret; so schlüget ihr euch alle zu uns. Wir sind eure wahren Freunde; wir kämpfen mit euch, und für euch.

FAUST. Noch wankt mein Herz –

MEPHISTOPHELES. Warum klügelst du heut? Das soll ein feyerlicher Tag seyn. Du must dich von der Erde mit Vergnügen setzen. Komm, reich mir die Hand. Wir sind Freunde. Ich will die Traurigkeit aus deinem Herzen verbannen. In Wollust sollst du schwimmen, und ganze Ströme Freuden sollst du hinabtrinten.

Ende des ersten Aufzugs.


Quelle:
Weidmann, Paul: Johann Faust. Ein allegorisches Drama von fünf Aufzügen, Prag 1775, S. 15-17.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Johann Faust
Johann Faust. Ein allegorisches Drama in fünf Aufzügen