Erster Auftritt.

[17] Ithuriel, Mephistopheles


MEPHISTOPHELES. Was seh ich! – Ithuriel in dieser Maske! – Ein Geist, der stäts am Throne des Ewigen steht, in der Kleidung eines Wurms!

ITHURIEL. Ich schäme mich der Hülle nicht, die ein Grösserer als ich getragen hat; aber der flolze Geist, der sich vor keinem Menschen beugen wollte,[17] ist hier in der verächtlichen Schaale des Staubes!

MEPHISTOPHELES. Was macht ihr müßigen Speichellecker?

ITHURIEL. Wir schmieden Donner, euch Brevler zu zermalmen!

MEPHISTOPHELES. Hahaha, wir höhnen eure Donnerchen. Singt lieber Weichlinge, und kriecht!

ITHURIEL. Das kriechen kömmt euch Auswürflingen zu. Das ist euer Fluch, euch zu schmiegen.

MEPHISTOPHELES. Wisse, wir sind keine vertriebene, wir sind freye Geister, die sich Verbunden haben, in der Hölle frey zu denken.

ITHURIEL. Still, sprich nicht zu laut von eurer Freyheit, ich höre deine Ketten rasseln!

MEPHISTOPHELES. Wir tragen Ketten; aber nur zur Vorsorge, um euch Süßlinge einst daran zu schmieden!

ITHURIEL. Wir zittern schon. Der Thron des mächtigsten Gottes wird von euch nochmal erschüttert. Hahaha, du Echo eines Pralers, der in der Hölle mit diamantenen Fässeln angeschmiedet ist. Was machst du hier?

MEPHISTOPHELES. Was anders, als die Werke eures Königs vernichten!

ITHURIEL. Eine rühmliche That für dich, wenn du schwache Menschen verführst.

MEPHISTOPHELES. Der Mensch selbst ist in unsern Augen ein verächtlicher Wurm. Wir würden ihn mit Füssen treten, und verachten, wenn er nicht den[18] Liebling unsers Feindes wäre; aber um uns an ihm zu rächen, greifen wir sein Schooßkind an.

ITHURIEL. Ihr werdet so lange wüten, bis dieser mächtige Gott euch in euer Nichts wieder zurückschleudern wird.

MEPHISTOPHELES. Besser nichts, als ein kriechendes Etwas! – Aber wisse, vernichten kann er uns nicht mehr, wir sind unsterbliche Geister.

ITHURIEL. Zu eurer Quaal unsterblich.

MEPHISTOPHELES. Was ist denn deine Beschäftigung hier?

ITHURIEL. Dein Werk zu zerstöhren!

MEPHISTOPHELES. Du? Wie, du willst mir den Preiß so vieler Jahre rauben?

ITHURIEL. So wills meine Pflicht.

MEPHISTOPHELES. Ich will dich hintergehn!

ITHURIEL. Und ich will dich beschämen, und deinen Klauen eine kostbare Seele entreissen. Den Leib geb ich dir preis.

MEPHISTOPHELES. Wer hat dich zum Richter gemacht?

ITHURIEL. Eben der, welcher dich aus deinem Nichts gezogen.

MEPHISTOPHELES. Du sprichst stolz. Wir wollen das End abwarten. Wir werden aus allen Kräften gegen einander kämpfen. Laß sehen, wer siegen wird.

ITHURIEL. Geh, ich fürchte gefallene Geisterchen nicht. Noch einen Befehl muß ich dir geben. Du wirst mich nicht verrathen, geh, und gehorche! Geht ab.[19]

MEPHISTOPHELES. Ich zittre noch nicht vor dir. Du draust wie jener, dessen Sklave du bist.


Quelle:
Weidmann, Paul: Johann Faust. Ein allegorisches Drama von fünf Aufzügen, Prag 1775, S. 17-20.
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