Dritter Auftritt.

[56] Theodor, Elisabeth, Vorige.

Beide liegen zu seinen Füssen, und ergreifen weinend seine Hände.


ITHURIEL. Hör die jenigen, die dir das Leben gegeben! Geht ab.

THEODOR. Ich bin nicht gekommen, dir Vorwürfe zu machen, nein, dich zu bitten, dich zu bemitleiden, dich zu bedaueren.

ELISABETH. Mein Sohn, da ich itzt mit meinen mütterlichen Thränen deine Hand bethaue, hör meine Bitte, laß mich nicht unerhört von dir gehn. B lohne meine Liebe, mein Freundschaft, meine Sorgen, gieb mir meinen Sohn wieder!

THEODOR. Ich nehme meinen väterlichen Fluch zurück. Du bist unglücksselig genug, du hast[56] schon den Fluch deines Gottes. Welchen Jammer bringst du auf meine grauen Haare. Ich werde hinschmachten, ich werde Kerben, und niemand wird mir die Augen zudrücken. Ich werde nichts als den schauervollen Gedanken mit mir zu Grabe nehmen, dich nimmer zu sehen. Wir sind durch eine Ewigkeit von einander getrennt. Mein Sohn ist ein Verworfener!

ELISABETH. Elende Mutter, ich muß meine Fruchtbarkeit verfluchen. Ich bat den Himmel um einen Sohn; aber er hat mir ihn in seinem Zorne bewilliget. Ich empfieng dich, und hob dich zum Himmel empor, ich flehte seinen Segen herab; aber Ach, wie sind alle meine Hofnungen hintergangen! Mein Leib hat nur Schande getragen, und meine Brüste haben den Säugling der Hölle genährt.

FAUST. Ich kann nicht länger widerstehn. Mein Herz ist ganz euer. Siegt, meine geliebten Eltern umarmet mich! –

BEIDE. Mein Sohn!

FAUST. Mein Vater, meine Mutter!

ELISABETH. O mein liebster Sohn, komm, wir wollen mit unserm Gebet den Himmel bestürmen. Verlaß eilends diesen Ort, wo die Weichlichkeit wohnet.

THEODOR. Folg mir mein Sohn, du bist uns wiedergeschenkt, vom Himmel wiedergegeben. Verlieten wir keine Minute.[57]


Quelle:
Weidmann, Paul: Johann Faust. Ein allegorisches Drama von fünf Aufzügen, Prag 1775, S. 56-58.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Johann Faust
Johann Faust. Ein allegorisches Drama in fünf Aufzügen