[46] Heinrich, Cammer-Juncker. Hernach Adelheit, Erdmuth, Hoff-Jungfern. Mierten, der Bauer.
HEINRICH. Hier soll sich der Fürstl. Courtisan finden lassen / und weil Ihr. Durchl. durch ein heimliches Fenster selbst zusehen wollen / so werd ich mich in die Gesellschafft machen / daß die lieben Jungfern desto eher fertig werden. Denn das ist das Beste bey dieser Person / man darff sich nicht besorgen / daß im Ceremonien-Wercke was verstossen wird.
Die mittelste Scene eröffnet sich / da sie heraus spatzieren.
MIERTEN. Ihr Jungfern gläubt mirs / der Garten war schöne / aber wenn ich euch ansehe / so seyd ihr tausendmahl schöner.
ADELHEIT. Ihr Gnaden meinen vielleicht die andere Jungfer / ich bekenne meine Unschuld.
ERDMUTH. Und ich weiß wohl / daß Ihr. Gnaden an mir nichts schönes werden gesehen haben.
MIERTEN. Ihr Jungfern verdrehet mir nicht die Worte im Halse / ihr solt sonsten einen Schwur von mir hören / den ich mein Lebtage nicht vors Maul bracht habe.
HEINRICH. Siehe da finde ich die glückseligen Leute hier beysammen. Meine liebste Jungfer / ich gratulire zu der vornehmen Conversation.[46]
ADELHEIT. Er ist schon mißgünstig / daß uns einmahl ein gut Glücke getroffen hat.
ERDMUTH. Es wird uns nicht viel helffen / daß wir glückseelig seyn / wir sind der hohen Person nicht würdig.
HEINRICH. Sie werden sich selber nicht verachten / ich wolte viel Geld drüm schuldig seyn / wenn ich zwischen zwey so lieben Personen dürfften spatzieren gehen.
ADELHEIT. Er könte leicht Geld schuldig seyn / wenn ers nicht bezahlen dürffte.
ERDMUTH. Und wer weiß ob er den Schuld-Zettel unterschriebe / wenn mir Ihr Gnaden das Glück verkauffen wolten.
HEINRICH. Das weiß ich / Ihr Gnaden werden sich die gegenwärtige Vergnügung nimmermehr abkauffen lassen.
ADELHEIT. Ich bin ein armes Kind / von schlechter Schönheit.
ERDMUTH. Und ich ein einfältig Kind / von schlechter Höffligkeit.
HEINRICH. Sie sprechen was sie wollen / sie sind qvalificirt gnung / Ihr Gnaden hier zu dienen.
ADELHEIT. Ich bin zwar nicht qvalificirt / doch bin ichs bedürfftig / daß ich die Ehre von so einer hohen Person geniesse.
ERDMUTH. Und wo mein Schwestergen einen freundlichen Blick mehr bekömmt / so bin ich eifersichtig.
HEINRICH. Doch Ihr Gnaden wie so stille? Sie können vielleicht meine Gegenwart nicht ertragen.
MIERTEN. Ich dächte / wenn ein iedweder Narr sich seine eigne Jungfer schaffte.
HEINRICH. Ihr Gnaden ich will Zeuge seyn / daß sie hier sich eine Jungfer geschaffet haben / und wo sie etwan ungnädig seyn wollen / kan ich wohl auff die Seite treten. Er tritt etwas weit.
MIERTEN. Ihr Jungfern was sag ich / wolt ihr mich lieb haben / so habt mich lieb / mein gantz Fürstenthum stehet in eurer Gewalt.
ADELHEIT. Wir wollen gerne gehorsam seyn / Ihr. Gnaden sagen nur / welche unter uns beyden das Fürstenthum bekommen soll.[47]
ERDMUTH. Wir wolten gerne wissen / welche unter uns beyden am glückseeligsten wird.
MIERTEN. Ihr Jungfern ihr seyd schöne Narren / wenn ich sagte / die gefiele mir / so wäre die ander böse / ich muß euch feine auffhalten / so bleiben mir alle beyde gut.
HEINRICH. Wer solte dencken / daß die Bauern in Liebes-Sachen so klug seyn / die Schelmen wissen auch / wie man die Jungfern ans Narren-Spiel binden soll.
ADELHEIT. Ihr Gnaden mögen sich stellen / wie sie wollen / ich hoffe doch / daß sie mich nicht verrathen werden.
ERDMUTH. Und das Wort / welches Ihr Gnaden im Garten zu mir sagten / das giebt mir schon so viel Gedancken / daß ich mir was guts versprechen kan.
HEINRICH. Ich mercke es schon / die Jungfern wollen sich mit einander zancken / und der Fürstliche Liebhaber wird sollen den Ausschlag thun.
ADELHEIT. Schwestergen meinstu wohl / daß dir der vornehme Liebhaber beschehret ist.
ERDMUTH. Endlich wird mir die Thüre so wohl offen stehn als dir.
ADELHEIT. Ich gehe auff der rechten Hand / drum hab ich den Vorzug.
ERDMUTH. Ich gehe an der lincken Hand / drum hab ich den Vorzug bey den Hertzen.
MIERTEN. Ihr Jungfern schlagt euch nicht / wißt ihr denn nicht / daß ich ein Fürste bin / ich werde ja 2. Weiber ernehren können.
ADELHEIT. Hätt ich das gewust / so wäre mir die Liebe vergangen / eh ich Ihr Gnaden gesehen hätte. Nun kan ich mir nicht helffen / weil ich mich einmahl habe dazu bringen lassen.
ERDMUTH. Endlich muß ich gehorsam seyn / daß ich eine Fürstin neben mir leide / wenn ich nur einen Brieff darüber habe / daß ich die Liebste bin.
MIERTEN. Ach den Brieff solt ihr kriegen / wenn ich werde lesen und schreiben können. Aber sagt mir doch / was ist denn so schöne an mir / daß ihr euch so hertzlich in mich verliebet habt?[48]
ADELHEIT. Ich verliebe mich in die krause Parucke / denn was vor krause Gedancken müssen in einem solchen Kopffe stecken.
ERDMUTH. Und ich verliebe mich in den ziemlichen Bart / denn was vor ziemliche Complimenten müssen darinnen verborgen seyn.
MIERTEN. Jungfer / so viel ich Haare auff dem Kopffe habe / so vielmahl seyd ihr meine / und so viel ich Trodeln im Barte habe / so vielmahl seyd ihr meine.
HEINRICH. Der Mahl-Schatz ist nicht zu verachten / wo an einem iedweden Haare ein Ducaten hängt / so muß das Reichthum unzehlich seyn.
ADELHEIT. Aber wenn ich mich an die Parucke weisen lasse / so darff ich etliche Haar zum Pfande nehmen?
MIERTEN. Getreue Liebe ist geduldig / nur kommt mir nicht zu nahe an die Ohren / da bin ich zu kützlich.
ERDMUTH. Und ich werde im Barte das meine suchen mögen?
MIERTEN. Ich bin auch zu frieden / nur kommt mir nicht zu nahe an die Nase / da thut mirs weh.
ADELHEIT. Wie viel Haare braucht man / biß man gute Versicherung hat.
ERDMUTH. Ich halte / so viel als Tage im Jahre sind / so hat man alle Morgen seinen neuen Trost.
ADELHEIT. Nu Ihr Gnaden / sie schicken sich in die Liebe / ich greiffe nach den Wirbel.
ERDMUTH. Und ich greiffe nach dem Kinne. Sie greifft.
MIERTEN. O Liebe / Liebe / wie bitter bistu / wenn man deine Süßigkeit verdienen will.
ADELHEIT. Meinen Püschel hab ich beysammen / er soll mir nicht untreu werden.
ERDMUTH. Und ich habe mich auch bedacht / er soll mir nicht entlauffen.
MIERTEN. Ja ihr Jungfern / ihr habt Pfand gesucht / wo ihr wollet. Nun werde ich wieder was suchen / das mir anstehet.[49]
ADELHEIT. Das Frauenzimmer darff nichts auff die Hand geben / es ist ihm doch wohl zu trauen.
ERDMUTH. Mein Wort und meine Zusage ist so gut / als das elende Püschel.
MIERTEN. Wer unter solche Leute geräth / der muß sie bey ihren Willen lassen.
Ausgewählte Ausgaben von
Der niederländische Bauer
|
Buchempfehlung
Diese Ausgabe fasst die vier lyrischen Sammelausgaben zu Lebzeiten, »Gedichte« (1841), »Neue Gedichte« (1850), »Lyrisches und Episches« (1855) und »Neueste Gedichte« (1870) zusammen. »Letzte Gedichte« (1895) aus dem Nachlaß vervollständigen diese Sammlung.
278 Seiten, 13.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro