Sechster Auffzug.


[58] Die vorigen, Cunigunda.


CUNIGUNDA kömt gelauffen. Ach ist niemand / der sich über eine verlassene Königin erbarmen will / die sich alle Stunden und Augenblicke vor der schändlichsten Verrätherey fürchten muß! Ist niemand / der sich diese Thränen und diese Seufftzer will bewegen lassen! Ach ihr allerliebsten[58] Getreuen! Ist es nicht genung / wenn euch die Königin eurer Pflicht erinnert / so will ich bitten / ja ich will auff die neue Mode vor euch auff die Knie fallen / erbarmt euch nur meines eintzigen Kleinods / und verhindert die feindliche Anschläge so weit / daß ich nicht etwan in dem Grabe meines Königes mein eignes Grab suchen muß.

ZABISCH. Gnädigste Königin / die Sachen sind noch lange nicht in einem solchen Zustande / daß wir uns alles Trostes und aller Sicherheit einmahl begeben dürffen. Wir haben uns allbereit mit einander verbunden / daß des Königes Wolfarth der gantzen Welt zu einem rühmlichen Exempel soll erhalten werden.

CUNIGUNDA. Ach vielleicht kan auch dieser Bund zu wenig seyn / alle verborgene Boßheit zu verhindern. Ach mein Engels-Printz! mein zarter König / soll ich zu diesem Hertzeleide verdammet seyn / daß ich eure Leiche mit meinen Thränen benetzen soll?

ZABISCH. Der Himmel / welcher den Pfeil in der Lufft gnädig abwenden kan / der wird das Seufftzen und Vorsorgen / so vieler auffrichtigen Patrioten nicht verschwinden lassen.

CUNIGUNDA. Gottlob! es fehlet mir an Trösten nicht. Aber ich befürchte / es wird im Ausgange klar werden / daß es am helffen gemangelt hat. Ach wer will eine unglückselige Königin sehen. Läufft hinein.

ZABISCH. Die Königin muß vergnüget werden / und solte man die INQUISITION über tausend Personen ergehen lassen. Geht ab.

CZENKO. Ich will mein Haupt nicht sanffte legen / biß die Königin befriediget ist. Geht ab.[59]

WOKO. Was soll mir das Leben / wo der König nicht leben soll. Geht ab.

POTO. Die RESOLUTION ist gut.

SBINKO. Drum hab ich allzeit drauff getrieben / daß man die unschuldige Parthey durch keine unzeitige SUSPITION beleidigen soll.

POTO. Allein man hat Exempel / daß die Falschheit bißweilen etliche Worte der Redligkeit abzuborgen pflegt.

SBINKO. Hingegen hat man Exempel / daß man sich in solchem Verdachte betrogen hat.

POTO. Herr ZABISCH war eifrig / doch die kaltsinnige Mine wolte sich nicht verbergen lassen.

SBINKO. Er liebt die Königin / also kan er auch bey ihrer höchsten Zufriedenheit nicht zu frieden seyn.

POTO. Der junge König stehet seiner Hoffnung im Wege.

SBINKO. Vielleicht soll die Hoffhung in seinem Gehirne noch gebohren werden.

POTO. Das wolte ich gläuben / wenn das FUNDAMENTAL-Gesetze verbanden wäre / damit unser Königreich lange ist schwanger gegangen. Ich sage noch einmahl / eine Königliche Wittwe / die sich mit einem Unterthanen vermählen will / die soll im Lande nicht geduldet werden.

SBINKO. Wer dieses Wort nachsprechen wolte / der möchte sich bey diesen TROUBLEN einer höhern Beschuldigung theilhafftig machen.


Quelle:
Christian Weise: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1971 ff., S. 58-60.
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