Vierdter Auffzug.


[82] Bäbel, hernach Ludomilla.


BÄBEL. Nun das mahl bin ich vom Tode loß / wo ich allemahl so klug davon komme / so bleib ich bey der PROFESSION, und helffe die Leute betrügen. Denn in meinen Gedancken ist eine Sünde wie die andre. Denn so leicht ich den Leuten einen Hanbutten-Stecken vor eine CENTIFOLIE gebe / so leicht kan ich auch dem Könige Gifft vor Kirschen geben. Doch was macht der faule Bettel Junge da / der Schelme hat gewiß gestern langsam gessen / nun richtet sich der Kopff nach dem Bauche / und will etliche Stunden langsamer ausschlaffen. Fort fort! wer auff der Gasse schlaffen will / der muß um Mitternacht kommen: Am Tage sind die Strassen vor die Leute gebauet / die spatzieren gehen. Nun das heist geschlaffen / laß doch sehen / wilstu nicht erwachen / wenn ich dich bey der Nase zupfe? Je botztausend! Was vor ein kalt Fleckgen hat er an der Nasespitze. Der Junge ist[82] gestorben / je daß ich ein Narr bin / und geh so alleine / wo mir jemand Schuld giebt / daß ich den Todschlag begangen habe / so muß ichs gethan haben / ich habe keinen Zeugen / daß es nicht wahr ist.

LUDOMILLA. Siehe da Meister BÄBEL / was habt ihr da vor eine Arbeit?

BÄBEL. O was werd ich haben / da seh ich einen Jungen an / der ist gestorben.

LUDOMILLA. Welch Junge ist gestorben?

BÄBEL. Je der muß es wohl seyn / der da liegt.

LUDOMILLA. Ich sehe es dem Jungen am Gesichte an / er ist erschlagen worden.

BÄBEL. Nun hat es nicht viel zu bedeuten / wenn er einmahl tod ist / so ist es ein Ding / ob ihn jemand erschlagen / oder ersäuffet hat.

LUDOMILLA. Aber hört doch Meister BÄBEL / ich habe euch allein bey ihm angetroffen / es ist nicht anders / ihr habt den Todschlag begangen / ich will auch flugs gehen und will es offenbahr machen.

BÄBEL. Sieh da / alte Madraze / ich werde nicht einmahl mit gutem Gewissen dürffen eine Leiche ansehen.

LUDOMILLA. Ich sehe sie auch mit gutem Gewissen an. Aber ich treffe euch allein dabey an.

BÄBEL. Ey nicht doch Frau LUDOMILLA, ich habe euch dabey angetroffen / ihr habt den Jungen wollen an der COLICA[83] CURIRen / und habt ihm Gemantsche gegeben / daß er davon gestorben ist / ich will gleich gehen / und dem ersten Richter / der mir in Wurff kömmt / dem will ichs klagen.

LUDOMILLA. Was? seyd ihr nicht erst dabey gewesen?

BÄBEL. Was frag ich darnach / ich rede anders / damit muß meines auch wahr seyn.

LUDOMILLA. Ich komme den Augenblick von gewissen Leuten her / die sollen zeugen / daß ichs nicht habe thun können.

BÄBEL. Bote tausend! mein Possen geht zurücke. Die Frau bringt mich unschuldig in ein Wesen / das ich nicht verdienet habe.

LUDOMILLA. Nu nu / ihr solt hübsch auffs Rad kommen / ihr Strassen-Räuber.

BÄBEL. Ey Frau LUDOMILLA, redet nicht solch wunderlich Ding / wenn jemand dazu käme / so dächte er wohl es wäre wahr.

LUDOMILLA. Sie sollen es auch dencken / warum bin ich euch zur Liebsten zu geringe / nun will ich wieder weisen / daß ich böse seyn kan.

BÄBEL. Ihr gute Frau / wollt ihr denn einen Strassen-Räuber zum Manne haben?

LUDOMILLA. Wenn ihr mich nehmen wollet / so sols nicht wahr seyn. Nun gebt eure Antwort / wolt ihr mit mir leben / oder ohne mich sterben?

BÄBEL zehlet an den Knöpffen. Leben sterben / leben sterben. Ich dächte ich wolte lieber sterben.[84]

LUDOMILLA. Nu nu / es kan geschehen. Sie will weggehen.

BÄBEL. Ey Mutter LUDOMILLA, ihr müst nicht flugs davon lauffen / itzt bedenck ich mich / ich will leben / thut mir nur das zu gefallen / und helfft mir die Leiche in einen Winckel tragen.

LUDOMILLA. Wenn ihr mich haben wolt / so helff ich euch.

BÄBEL. Ja ja doch / ja ja doch / ihr seyd meine mit Leib und Seele / helfft mir nur die Leiche tragen. Sie fassen ihn an.


Quelle:
Christian Weise: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1971 ff., S. 82-85.
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