Dritter Aufftrit.


[149] Leonisse, Anaclerio.


LEONISSE. Mein Herr Hauptmann / er hat sich wohl gelöset / vor wenig Tagen waren seine Zeitungen sehr grausam / nun aber muß ich jhn wegen der anmuthigen Relation rühmen.

ANACLERIO. Gnädigste Frau / es ist nicht anders / der thörichte Bube hat sich nach Polissipo gewendet / da sucht er seine Ergötzligkeit / und lässet sich den köstlichsten Wein so anmuthig zu Halse gehen / daß er die Regiments-Sorgen gar bald vergessen soll.

LEONISSE. Ach wer ist so glückselig in seiner Beredsamkeit / daß er diesen unbändigen zu der Stadt hinaus gemeistert hat?[149]

ANACLERIO. Diese Wohlthat haben wir dem Herrn Ertz-Bischoffe zu dancken.

LEONISSE. Ach ja / dieser vortrefliche Mann verdienet bey der itzigen Unruh eine unsterbliche Danckbarkeit.

ANACLERIO. Es war an dem / daß der rasende Fantaste noch etliche Häuser zerstören / und zugleich viel Menschen durch seine Henckers-Buben aufopffern wolte / und es schien als wenn der Herr Ertz-Bischoff mit seiner Intercession nicht viel aus richten würde.

LEONISSE. Ich weiß wohl / daß die Bestie sich einmahl hat verlauten lassen / als wolte sie den Herrn Ertz-Bischoff so wohl eine Spanne kürtzer machen / als einen gemeinen Edelmann. Doch mit was vor List konte der Trotz-Kopff gewonnen werden?

ANACLERIO. Gnädigste Frau / es ist zu weitläufftig / wenn ich alle vergebene Mittel anführen solte / endlich stellte sich dieser hochverständige Mann / als wäre jhm selbst mit dem Blutvergiessen gedienet / und bat ihn / er möchte nur das Recht ergehen lassen.

LEONISSE. So wird er vielleicht aus Trotz das Wiederspiel befohlen haben.

ANACLERIO. Ach nein / er winckte schon seinem Scharf-Richter / welcher zur Execution greiffen solte. Allein der Herr Ertz-Bischoff sagte / es wäre vor dieses mahl ein glückseliger Tag / da man sich mit Blutvergiessen nicht bemühen dürffte. Auff den morgenden Tag wolte er dem Spectacul selbst beiwohnen / er solte sich nur vor dießmahl eine kleine Recreation machen / und nach Polisippo fahren.

LEONISSE. Und also ward der Vorschlag angenommen?

ANACLERIO. Er gieng sehr wohl von statten: die Gefangenen wurden in jhren Banden bewacht / und der Fischer-Knecht versuchte / ob er die Lufft auff der See noch vertragen könte.

LEONISSE. Er hat viel Stadt-Lufft in sich gesogen / mich dünckt / die freye Lufft wird ihm zu wieder seyn.[150]

ANACLERIO. Gnädigste Frau / ob die Lufft was gethan hat / das weiß ich nicht; allein er übernahm sich im Weine / der mochte jhm als einem gebohrnen Wasser-Manne den Kopff in schädliche Confusion bringen.

LEONISSE. So recht / wer viel rothes Blut vergossen hat / der muß in dem rothen Weine Blut und Gifft hinein sauffen.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 149-151.
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