[358] In einer gewissen Stadt befande sich ein adelicher Jüngling von löblichen Sitten, so lang als er noch bey denen Jesuiten in den Schulen war. Nachdem er aber diese, und eben darum viel Gelegenheit zur Andacht und Gottesforcht, welche er allda hatte, zu End des Studierens verlassen; begabe er sich auf ein so freches Leben, daß er mit offentlicher Aergernus der Stadt das Haus eines Burgerlichen Ehe-Weibs öfters besuchte. Dem Herren Vatter wurde solches zu mehrmalen hinterbracht. Weilen aber dieser sein eintziger Sohn war, und über das auf denselben 3. überaus stattliche Erbschaften warteten, liebte er ihn inniglich, und förchtete sich deswegen, den Sohn mit einem ernstlichen Verweiß zu betrüben. Gabe derowegen zur Antwort: Ey man muß mit meinem Sohn Gedult haben, junge Leut machen es nicht anderst. Es wurde zwar dieser Vatter von einem Prediger aus einem geistlichen Orden, seinem guten Bekandten gebetten, er solle doch der vätterlichen Liebe nicht zu viel Platz geben, und den Sohn vom Bösen abhalten. Er gabe aber kein andere Antwort, als diese: Das seye eben junger Leuten Thun und Lassen. Man müsse mit dem Sohn Gedult haben. Da widersetzte aber der Geistliche: Wie? Gedult haben? Herr! gebt wohl acht, daß GOtt nicht euch und den Sohn mit nächstem straffe. Bey dieser Warnung liesse es der Geistliche bewenden, und redete forthin wegen dieser Sach mit dem Vatter kein Wort mehr. Aber innerhalb 3. Wochen ist dasjenige, was er gleichsam prophezeyt hat, wahr worden; indem der Jüngling in obgedachtem Haus von des Weibs Ehe-Mann erdappt, und ohne Absehen [358] auf den Adel, und alles Bitten samt dem Weib unbarmhertziglich ermordet worden. Worauf der Thäter das Haus verschlossen, und die Flucht genommen. Als folgenden Tag in der Nachbarschaft dieser Todschlag ruchtbar worden, und diese schlimme Zeitung der Mutter des Jünglings, so ein sehr fromme Dame war, zu Ohren kommen, fiele sie vor Leyd in eine Ohnmacht, und fienge an, nachdem sie sich in etwas wider erhohlet, mit solchem Hertzenleyd zu weynen, daß sie in wenig Tägen das Gesicht verlohren, und blind worden, immerdar schreyend Ach mein armer Sohn ist in der Höll, der armseelige Vatter aber, nachdem er gleichfalls die unglückliche Zeitung vernommen, wurde aus Verhängnus göttlicher Gerechtigkeit von einer Unsinnigkeit überfallen, in welcher er die Kleyder zerrissen, eine schwartze Tracht angezogen, und durch die Stadt hin und her, gleich einem, der vom bösen Feind besessen, ohn Hut geloffen ist. Er stoßte da und dort den Kopf an die Mauren, zerkratzte ihm selbst das Angesicht mit denen Näglen, und starbe nach weniger Zeit unglückseelig in der Unsinnigkeit. Engelgrave S.J. in luce Evangel. Part. 2. Dom. 6. post Pascha.