7.
Wie Gabriotto sich an dem küniglichen holl mit vil und mancherley kurtzweil üben thet, davon der künig im grosses wolgefallen nam.

[206] Gabriotto, demnach und die hochzeit vergangen was, sich von newem anhůb in mancherley kurtzweil zů richten als mit dem ballen schlagen, springen, steynstossen; dann er in semlicher behendigkeyt ein sunder geübter jüngling was. In kurtzer zeyt er und Reinhart das gantz hoffgesind auff einen andren weg richten theten, gleich als ob sye von dem schlaff aufferwachet; dann davor nirgendt von zů sagen wußten dann von essen und trincken. Als nun der künig solche übung von seinem hoffgesind sehen ward, der grosse freüd empfahen thet, in kurtzer zeyt einen lustigen platz, so hinden an dem palast was, verordnet, welcher mit schönen grünen linden allenthalben besetzt, darunder ettliche kalt quellende brünnlein fast lustig entspringen thetten, davon dann ein laut klingendes bechlin den platz allenthalben durchfeüchten thet. Denselben lustplatz der künig mit einer mauren umbfahen ließ, seinem hoffgesind darauff alle freüd erlaubt zů treiben. Sobald dann die jungen herren, so zů hoff waren, ire dienst vollbracht hatten, sye sich zůhandt auff den geordneen platz fůrgeten, da sye sich, wie oben gemeldt, aller kurtzweil üben unnd brauchen theten.[206] Nun was der platz gelegen, wie ihr gehört hand, hart hinden an dem palast. Also wann junckfraw Philomena in ihrem gemach was, mocht sye allenthalben auß einem grossen feuster darauff sehen. Davon sye dann zů manchemn mal größlich erfreüdt ward, so sye iren allerliebsten Gabriotten darauff sehen thet, dem dann alles das, so er anfieng, baß dann den andren anstund; nit minder Reinhart, der im dann fast an allen dingen gleichen thet. Desselben Rosamunda auch nit minder acht hett, sich aber keinswegs gegen nyemandts mercken ließ, so lang biß ihr Philomena ir liebe öffnet.

Die junckfraw Philomena eines tags mit Rosamunda an irem fenster lag, mit begirigem hertzen nach Reinhart, dem jüngling, sehen ward, in ir selb gedacht: ›O allmechtiger gott, wer es müglich, Reinhart von Rosamunda also lieb gehabt wer, alls Gabriotto von mir lieb gehalten ist, herwider sye uns beyden gleiche lieb triegen, wie möcht uns zů beyden seyten mer freüd verluhen werden! Dann ye eins dem andren sein anligen öffnen möcht; dann Rosamunda vil ding on allen argwon zůwegen bringen möcht.‹

Rosamunda das unbeweglich ansehen der junckfrawen Philomena wargenummen hett, ir zůstund in gedancken kam, sye dem jüngling liebe trieg, einen schwören seüfftzen von ihrem hertzen gon ließ. Des die junckfraw Philomena acht nam, zů Rosamunda sprach: ›Ach mein allerliebste Rosamunda, ich bitt, mir die ursach deines seüfftzens entdecken wöllest. Dann warlich on merckliche ursach nit beschenen ist.‹ ›Genedige junckfraw,‹ sprach Rosamunda, ›die ursach ewers steten hinab sehens das gewesen ist. Ich bitt euch aber, mich yetzundt weiter fragen wöllen. So sichs aber mer begeb, ich euch das nit verhalten wolt.‹ Die junckfraw Philomena nit weiter fragen wolt, wiewol sye es fast gern gewißt het Damit aber sye ir liebste junckfraw nit bekümmert, sye es underließ, hinfürter all ir sinn und gedancken nach dem jüngling Gabriotto keret. Deßgleich Rosamunda klaget iren Reinhart; dann gänzlich meinet, Philomena gen im in lieb entzündt wer. Also bed ir zeit in gedancken verdriben.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 206-207.
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