Zweiter Auftritt

[244] Bernhard kommt von rechts und bleibt in einiger Entfernung von den vorigen stehen.


BERNHARD.

Abdallah!

HAMATELLIWA.

Horch die Stimme!

ABDALLAH leise.

Es ist er.


Abdallah tritt mit tiefer Verbeugung auf Bernhard zu.


Was forderst du, Gebieter?

BERNHARD leise auf Hamatelliwa deutend.

Führ' sie fort

Zu den Gemächern, die ich Euch gewiesen.

HAMATELLIWA leise zu Abdallah.

Was sagt er dir?

ABDALLAH ebenso zu ihr.

Ich soll hinweg dich führen

Zu deinen Zimmern.

HAMATELLIWA zu Bernhard.

Währt der Augenblick

Da ich dich sehen darf nach langen Tagen

Dir schon zu lang?

BERNHARD.

Wir sind am Hof des Kaisers.

HAMATELLIWA.

Doch du – bist du nicht Bernhard mehr?[244]

BERNHARD.

Ich bin's,

Allein der Kaiser naht – es ist nicht Zeit

Zu Liebeständeleien Barcelonas.

HAMATELLIWA.

Was sagst du, Bernhard? Liebeständelei?

War es ein Spiel, was mich von meinem Vater –

BERNHARD.

Nein, es ist Ernst, was dich und mich verband.

Meinst du, daß ich vergaß was du getan?

HAMATELLIWA.

O sprich noch einmal das geliebte Wort.

Nein – du vergaßest nicht?

BERNHARD.

Heißblütig Kind,

Ein jeder Pulsschlag, der mir sagt, ich lebe,

Mahnt mich an dich.

HAMATELLIWA.

O, Himmel Spaniens,

Tiefblauer, heißer, wahre mir sein Herz,

Daß es der fahle Himmel nicht erkalte

Der hier herabsieht. O, geliebter Christ,

Nun geh' ich ruhig –

BERNHARD.

Geh, Hamatelliwa.

HAMATELLIWA.

Wie hold und süß von diesen fränk'schen Lippen

Mein Name tönt. – Abdallah laß uns gehn.


Hamatelliwa, Abdallah nach rechts ab.


BERNHARD allein.

O Liebe, du Betrügerin der Frauen. –

Gutherzig Kind, du rettetest mein Leben,

Doch nicht in Barcelonas sonn'ger Flur

Gedenk' ich's dir am Herzen zu vertändeln.[245]

Mein Leben ist mein Gut; ich will es mir

Zu einem Bau von Macht und Ehre türmen.

Dein Werk ist abgetan; du warst die Schwelle,

Hier sei die Werkstatt, hier am Hof zu Worms;

Dies Haupt der Meister, Werkzeug dieser Arm;

Maurin fahr' wohl – mir winken andre Sterne.


Quelle:
Ernst von Wildenbruch: Gesammelte Werke. Band 7, Berlin 1911–1918, S. 244-246.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Karolinger
Die Karolinger. Trauerspiel in vier Akten

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der Weg ins Freie. Roman

Der Weg ins Freie. Roman

Schnitzlers erster Roman galt seinen Zeitgenossen als skandalöse Indiskretion über das Wiener Gesellschaftsleben. Die Geschichte des Baron Georg von Wergenthin und der aus kleinbürgerlichem Milieu stammenden Anna Rosner zeichnet ein differenziertes, beziehungsreich gespiegeltes Bild der Belle Époque. Der Weg ins Freie ist einerseits Georgs zielloser Wunsch nach Freiheit von Verantwortung gegenüber Anna und andererseits die Frage des gesellschaftlichen Aufbruchs in das 20. Jahrhundert.

286 Seiten, 12.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon