[270] Satilatlas. Temin von rechts zu den vorigen.
BERNHARD.
Wir, denk' ich, sahn uns schon?
SATILATLAS.
Ihr saht uns, Herr,
So oft Ihr an des Ebro grünen Ufern
Das Sarazenenbanner flattern saht.
BERNHARD.
Satilatlas?[270]
SATILATLAS.
So nannte mich mein Vater.
BERNHARD zu Temin.
Und Euer Name, edler Herr?
TEMIN.
Temin.
BERNHARD.
Euch sendet El Moheira.
SATILATLAS.
Wißt Ihr's schon?
BERNHARD.
Und da ich's weiß, so glaub' ich auch den Grund
Zu kennen, der Euch führt: Hamatelliwa.
SATILATLAS.
Jawohl, das ist der schmerzensvolle Grund.
TEMIN.
Gebt sie uns wieder, Graf von Barcelona.
Das ist es, was der Emir uns befahl.
BERNHARD.
Ei – er befiehlt? Es scheint mir richtig, Herrn,
In Bitte den Befehl zu übersetzen.
SATILATLAS.
Wohlan, er gibt sein Recht als Vater auf,
Der Emir bittet, gebt sein Kind zurück.
BERNHARD.
Ihr wißt, daß ich Hamatelliwa liebe,
Und mitten in das Herz der Christenheit
Schickt El Moheira seine Boten mir
Mit solcher Fordrung? Euer Emir baut
Auf meinen Rittersinn.
SATILATLAS.
Er ist bereit,
Die Tochter auszulösen, nennt den Preis.[271]
BERNHARD.
Was? Preis? Soll ich für Gold und Silber
Mein Herz verkaufen?
TEMIN.
Christ, mich freut dies Wort,
Birgt es gleich wenig Gunst für unsre Wünsche.
SATILATLAS.
Ward El Moheiras Tochter Euer Weib?
BERNHARD.
Sie ward es nicht.
SATILATLAS.
So ward sie – beim Propheten –
Doch davon nichts. – Sie ward die Eure nicht,
So blieb sie ihres Vaters – gebt sie wieder.
BERNHARD.
Ward sie gleich nicht mein Weib, so ward sie mein
Und bleibt bei mir.
SATILATLAS.
Ist's Euer letztes Wort?
BERNHARD.
Ja, Maure.
SATILATLAS.
Nun wohlan, so sind wir fertig,
Zu betteln hieß uns El Moheira nicht.
TEMIN.
Doch seid gewiß, Herr Graf von Barcelona,
Wir rechnen nach.
BERNHARD.
Nur nicht so stolz, Ihr Herren;
Denkt, wo Ihr seid; des Kämmrers guter Wille
Schützt Euer Leben – Kämmerer bin ich.
SATILATLAS.
O Herr, Ihr irrt; uns schützt wohl noch ein andrer.[272]
BERNHARD.
Wer wäre das?
TEMIN.
Lothar, des Kaisers Sohn,
An den wir Botschaft haben.
BERNHARD.
Botschaft? Was?
Botschaft von wem?
SATILATLAS.
Vom Könige Pipin.
BERNHARD.
Ich bin der Kämmrer; Botschaft für Lothar
Ist auch für mich – sagt mir –
SATILATLAS.
Nein, edler Herr –
Ausdrücklich wurde Weisung uns gegeben,
Nur an Lothar –
BERNHARD.
Nennt Eure Botschaft mir
Und Euer soll Hamatelliwa sein.
TEMIN.
Versprecht Ihr das?
BERNHARD.
Bei meiner Ritterehre!
SATILATLAS.
Nun, so erfahrt: Als auf dem Weg hierher
Wir bei Lyon die Rhone überschritten,
Da stießen wir aufs kriegerische Lager,
In dem der Aquitanierkönig lag.
Er heischte unser Reiseziel zu wissen,
Und da er's hörte, gab er für Lothar
Uns diese Botschaft. Alles ist bereit;
Ich bin vor Worms zum festgesetzten Tag,
Und halte Euch das Netz – schafft Ihr die Fische.[273]
BERNHARD.
Schafft Ihr –
TEMIN.
So sagt' er, wir verstanden nicht.
BERNHARD für sich.
Doch um so besser ich.
SATILATLAS.
Ihr wißt es nun.
Gebt Ihr das Mädchen?
BERNHARD.
Ja, doch eines noch:
Ihr sollt die Botschaft an Lothar bestellen;
Doch jetzt noch nicht, nicht ohne mein Geheiß.
Ich werde Euch bestimmen, wann und wo.
SATILATLAS.
Wo soll's geschehn?
BERNHARD.
Vor Kaiser und vor Reich.
TEMIN.
Das, fürcht' ich, widerspricht dem Willen
König Pipins.
BERNHARD.
Was kümmert Euch Pipin?
Diese Bedingung stell' ich.
SATILATLAS UND TEMIN beraten sich einen Augenblick leise.
SATILATLAS.
Gut – es sei;
Ihr laßt uns rufen?
BERNHARD.
Ja, bis dahin wartet.
Satilatlas, Temin ab nach rechts.
BERNHARD zu Abdallah.
Geh jetzt – doch sei gewärtig meines Winks,
Wenn ich sie brauche – nun, was blickst du so?[274]
ABDALLAH.
Vergib mir, Herr – du willst Hamatelliwa –
BERNHARD.
Zum Vater schicken, hast du nicht gehört?
ABDALLAH.
Ich gab nicht acht – so hab' ich recht gehört.
Ab nach rechts.
BERNHARD allein.
Mit seinem Heerbann rückt Pipin auf Worms. –
Haupt werde fruchtbar, zeuge mir Gedanken,
Verdoppelt, Taten, euren Sturmesschritt.
Er hält das Netz – ah wart', in deine Netze
Spring' ich hinein, daß Euch die Maschen reißen!
Nun soll's ein Krachen geben durch die Welt,
Wenn ich dies Band der Karolingerfreundschaft,
Dies klägliche, mit meinen Händen fasse
Und so und so in die vier Winde reiße.
Lothar – Pipin, ei seht, Ihr mut'gen Füllen
Im wurmzerfressnen Karolingerstall
Schlagt Ihr so mutig aus? Seid auf der Hut,
Der Pyrenäenwolf steht vor der Türe.
Ausgewählte Ausgaben von
Die Karolinger
|
Buchempfehlung
Schon der Titel, der auch damals kein geläufiges Synonym für »Autobiografie« war, zeigt den skurril humorvollen Stil des Autors Jean Paul, der in den letzten Jahren vor seiner Erblindung seine Jugenderinnerungen aufgeschrieben und in drei »Vorlesungen« angeordnet hat. »Ich bin ein Ich« stellt er dabei selbstbewußt fest.
56 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro