Serenata

[34] Liebe, Grossmuth, Hoffnung zusammen:


Wo ich in einer Seele wohne,

Da weicht die Angst und Thränen-Nacht.

Wen ich mit meinen Schätzen lohne,[34]

Der ist vergnügt, und singt und lacht.

Wo ich in einer Seele wohne,

Da weicht die Angst und Thränen-Nacht.


Liebe:


Wo ich in einer Seele bin,

Die in dem Weltgetümmel,

Nur nach dem Himmel

So Herz als Auge schickt:

Und sich

Ganz festiglich

Mit den verderbten Kräften

Will an das Kreuz der Selbstverläugnung heften;

Derselben werden ihre Lebenstage,

Ich glaub es doch,

Auch unter einem schweren Joch,

Zur Lust und nicht zur Plage.

Warum? sie ist mit alle dem zufrieden,

Was ihr des Höchsten Hand beschieden.

Sie liebt, wenn gleich der Himmel kracht und blitzt;

Dieweil sie doch in Noth Gott in dem Schoose sitzt.

Es ist keine Kunst zu lieben

Den, der uns mit Seegen schmückt;

Will der Schöpfer uns betrüben,

Wenn er uns ein Leiden schickt:

Ey! so sollen wir ihn ehren,

Und ihm nicht den Rücken kehren.

Gleich wie wir in guten Tagen

Von der Liebe Gottes sagen;

Also sollen wir uns üben,

Auch in Trübsal Gott zu lieben.


Grossmuth:


Wenn die Unglücks-Winde

Auf eine Seele stossen,

So, daß von solchem Stoß und Knallen

Das Haus des Glücks zu fallen

Und zu zerscheitern scheint,

Und niemand ist, der das betrübte Herz erlößt,[35]

Noch tröst,

So sehr es auch um Rettung weint;

Wenn, sag ich, solch ein Herz

Auch in der größten Kreutzes-Last

Sich heldenmüthig faßt,

Und sich bestrebt mit unveränderlichen Mienen,

Gott in dem Leiden stets zu dienen;

Dieß heißt ein Helden-Herz, dieß zeiget einen Muth,

Der Gott gefällt und Wunder thut.

Recht standhaft seyn in Unglücks-Stürmen

Ist wahrer Christen Eigenschaft.

Sein Herz vor Murren zu beschirmen

Erfordert wohl die gröste Kraft.

Durch Großmuth wird das Leiden leicht,

So, daß es gar zurücke weicht.

Recht standhaft seyn in Unglücks-Stürmen,

Ist wahrer Christen Eigenschaft.


Hoffnung:


Ich lasse nie ein Herze sinken,

Und in dem Thränen-Meer ertrinken.

Wenn gleich die Sonne flieht,

Und alles wunderlich und höchstgefährlich sieht;

So kan ich doch ein Herz bey solchen Fällen

Vergnügen und zufrieden stellen.

Nach Unglück und nach Leiden,

Nach Angst und Noth

Erfolgen tausend Freuden,

Nach Wermuth folget Zucker-Brod.

Die Zeiten ändern sich,

Und alles ist veränderlich.

Heut pflegt die Sonne klar zu scheinen/

Und morgen will der Himmel weinen.

Allein,

Getrost! stellt alles Zagen ein,

Und glaubt, ihr wißt am Morgen

Nicht das geringste mehr von Sorgen.[36]

Hoffnung ist ein Baum des Lebens;

Hoffnung tröstet nicht vergebens;

Hoffnung ist der beste Freund;

Hoffnung macht den Schmerz zunichte;

Hoffnung bringt gewünschte Früchte;

Hoffnung tröstet, wenn man weinet;

Hoffnung ist ein Baum des Lebens;

Hoffnung tröstet nicht vergebens;

Hoffnung ist der beste Freund.


Quelle:
Sidonia Hedwig Zäunemann: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 34-37.
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