Allerunterthänigstes Sendschreiben an Ihro Königl. Majestät von Pohlen und Churfürstl. Durchl. zu Sachsen

[587] Held, König, Churfürst, Herr!

Die Ehrfurcht spricht mich frey,

Daß die Verwegenheit nicht mit im Spiele sey;

Die Ehrfurcht, sage ich begleitet meine Reimen.

Ich kan Großmächtigster! mich länger nicht versäumen,

Dir meine Schuldigkeit in Demuth darzuthun.

Es liesse mich mein Geist durchaus nicht länger ruhn,

Dir grossem Könige, durch schreiben, reimen, Dichten,

Nach edler Dichter Art, ein Denkmaal aufzurichten.

Jedoch was schreibe ich? Was Denkmaal! warlich nein!

Ein Dichter und Poet wird nicht vermögend seyn,

Dir König, Churfürst, Herr, ein Denkmahl durch die Schrifften

Kiel, Dinte und Papir, durch Fleiß und Müh zu stiften.

Mein König baut sich selbst, durch sich Altäre auf.

Großmächtigster! Dein Thun, dein ganzer Lebens-Lauf

Ist voller Glanz und Ruhm; Ein Königliches Wesen,[587]

Kan man aus deinem Geist, Wort, Werk und Mienen lesen.

Herr! dadurch baust du dir das gröste Ehrenmaal.

Man hat in alter Zeit so eine grosse Zahl

Von Säulen nicht gesehn, als man jetzt Herzen schauet,

Worin man dir o Held! ein Denkmaal aufgebauet.

Kein Dichter hat nicht noth, daß er Gedichte schreibt;

Er hat genug zu thun, wenn er die Wahrheit treibt:

Er darf Großmächtigster! nur deine Gaben zehlen;

So wirds ihn warlich nicht an Stof und Einfall fehlen.

Die Ehrfurcht und die Pflicht reitzt manchen Dichter-Kiel

Daß er gekrönter Held! sein muntres Sayten-Spiel

Vor deinem Ohren stimt, und lieblich von dir singet,

Und dadurch seiner Pflicht das schuldge Opfer bringet.

Drum würd es warlich mir die größte Schande seyn,

Wenn ich zurücke blieb. Mir fiel zwar öfters ein.

Du möchtest grosser Held! nicht auf mein Schreiben sehen

Doch Sachsens Held August, wußt mir zuwiederstehen,

Der nahm den Zweifel weg, und trieb mich kräftig an,

So hab ichs auf Befehl, und auch aus Pflicht gethan.

Mein König und mein Herr! ich falle vor dir nieder,

Und bitte demuthsvoll, wirf jetzt auf meine Lieder

Auch einen Gnaden-Strahl. Dein Königs Angesicht[588]

Verachte und verschmäh mein lallend Singen nicht.

Kein Anfall müsse nie dein hohes Herze kränken.

Mir aber wollest du ein gnädig Auge schenken


Den 5ten Merz 1737.


Quelle:
Sidonia Hedwig Zäunemann: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 587-589.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Poetische Rosen in Knospen
Das Ilmenauische Bergwerk: aus