Der verurtheilte Soldat

[77] Ein junger, tapferer Soldat

Ward wegen einer Uebelthat,

Die er in bösem Trunk begangen,

Dafür sein Urtheil zu empfangen,

Hinausgeführt. Sein braunes Haar,

Der großen schwarzen Augen Paar,

Sein gut Gesicht, die schöne Länge,

Bewegten ringsumher die Menge;

Vor Allem ward er, wie man sagt,

Vom weiblichen Geschlecht beklagt.

Schon kniet er nieder auf den Sand,

Und schon war von des Henkers Hand

Das scharfe Schwert gezückt, als Halt!

Durch den geschloss'nen Kreis erschallt.

Ein Mädchen drang zugleich herbei,

Und rief mit ängstlichem Geschrei:

Pardon! Pardon! Ihr Leute denkt,

Man hat sein Leben mir geschenkt.

Ich fiel dem Landesherrn zu Füßen,[77]

Und ließ so lange Thränen fließen,

Bis ich vom Tod ihn losgemacht.

Ihm ist Verzeihung zugedacht,

Wenn er zur Frau mich nehmen will!

Der arme Sünder sah sie still

Und voller Ueberlegung an.

Was du (sprach er) für mich gethan,

Ist dankenswerth. Doch, trügt mich nicht

Dein wildes, kupfriges Gesicht,

Dein rothes Aug', dein spitzes Kinn,

So bist du eine Teufelin,

Die mir zur allerschwersten Bürde

Mein elend Leben machen würde!

Ein böses Stündchen ist fürwahr

Erträglicher, als zwanzig Jahr'

Mit einem Weibe, so wie du,

In steter Qual; d'rum haut nur zu!


Quelle:
Just Friedrich Wilhelm Zachariä: Anthologie aus den Gedichten von J. F. Wilh. Zachariä, Hildburghausen/ New York 1850–55, S. 77-78.
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