Als er sich nicht konte entschliessen sie zu lieben

[213] 1.

Ein schwartzes Haar sucht mich zu binden,

Zur Zeit verlacht es noch mein Hertz.

Wie? solt ich mich wohl überwinden,

Nein, freyhen ist fürwahr kein Schertz.

Es bleibt ein Kauff, wann er geschlossen;

Es gilt, wenn man gleich fehl geschossen.


2.

Ich lobe mir ein freyes Leben,

Ein Gläsgen Wein, a L'ombre Spiel,

Diß kan mir süsses Labsal geben,

Ein Küßgen hab ich, wenn ich will.

Man darff die Mägdgen nur flattiren,

So wird man Gegen-Gunst verspühren.


3.

Sie lassen es gar gern geschehen,

Daß man mit ihnen freundlich spricht.

Es mag es jederman wohl sehen,

Wenn nur nicht gar zu viel geschicht.

Ich mag wohl gerne dahlen, dämpern,

Nicht aber mich so gleich verplämpern.
[214]

4.

Drum will ich es nur frey bekennen,

Mich bind kein schönes Angesicht.

Ein Blick muß nicht so hefftig brennen,

Daß man die Ehe gleich verspricht.

Cupido mag nur Schlingen weißen

Vor die, so tumme Gimpel heißen.


5.

Ich will ihm aus den Wege weichen,

Zeigt er gleich was, das leicht verführt,

Wird er den Zweck doch nicht erreichen.

So sehr mich Chloris auch charmirt,

So wird sie doch vergebens lauren,

Mich solte meine Freyheit tauren.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 213-215.
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