1865. Bey Begräbnissen

[1788] Ich habe dich erlöset, und habe dich bey deinem namen geruffen: Du bist mein.


Solo.


Du verlangest mich hinüber zu dir; ich bin da, du lieber! ja, mein Jesu! ich erscheine, doch beschämt, gebeugt und kleine.


Choral.


Der, wenn er zu den selgen komm, nicht denke mehr an gut noch fromm, sondern da kömt ein sünder her, der gern ums lösegeld drinnen wär.


Aria.


So fährt denn unser[1788] liebes herz mit innglich gebeugter seele zur höhle der seit. Sie thut sich auf. Fahr in den sichern schrein in Gottes Heilands-namen nein. Wo köntst du besser seyn?


Choral.


Lamm! du hast blut vergossen für dis arme würmelein; es hatte dich geschlossen in seines herzens schrein. Verbirg seine seel aus gnaden in deine offne seit, rük sie aus allem schaden in deine sicherheit.

(Recitativ. Es war ein schwächlichs kind; man war an ihm nicht blind. Man sahe die gefahr der wege, und darum krigte Gott (der Hege1 der schaar der gnadenwahl) im saal und in den kammern der gebrüder manch thränlein seiner glieder, um diese theur-erkauffte seel ins kämmerlein des bräutigams, den seiten-schrein des Marter-Lamms zu flehen.


Recit.


Er hatte uns so lieb. Wie wuchs sein trieb! Was war noch in den letzten tagen sein sagen? Ich werd ihn sehen, wie er war im leibe, an den ich itzo gläube. Uns wards, um diese seel zu beten: Du hast auch sie am creuz erdürst't, bleib ihr gewognets Fürst!)


Choral.


Sein jammer, trübsal und elend ist kommen zu einem seligen end: er mühte sich in Christi joch; nun lebt er noch, und ruhet doch.

Aus der Litaney der Brüder:

Am ende aller noth


Chor.


Hol uns, lieber Herre Gott!

Wir armen sünder bitten.


Chor.


Du wollest uns erhören, lieber Herr Gott!

Und uns mit der vollendeten Gemeine, und unserm (unserer) lieben seligen N.N. deinem diener (magd) in ewiger gemeinschaft erhalten,

Und uns dermaleins mit ihm (ihr) ausruhen lassen bey deinen wunden;


Chor.


Erhör uns, lieber Herre Gott!


Choral.


Sein' augen, seinen mund, den leib für ihn verwundt, da wir so vest auf trauen, den ist er (sie) gangen schauen, und innig herzlich grüssen die maal an händ und füssen.


Choral.


Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die sünde der welt! Das ist nun im friede. Amen!

1. Indem der sarg niedergesetzt worden

[1789] Nun bruder, (schwester) von dem ehe-(jünglings-jungfern-kinder-witwen-) chor zart geliebt und vom streiter-thor! laß dein hüttlein im tiegel hier. Geh zum meister! er ruffet dir.


2. Im Aufheben

Das ist zu haus. Den rest tragt naus, der ist nicht zu beklagen: Gott des Vaters einigs Kind ward auch nausgetragen.


3. Unterm Wegtragen

Du der tag sein ende nahm, der abend war kommen, ward Jesus vom creuzes-stamm durch Joseph genommen, herrlich nach Jüdischer art in ein grab getragen, allda mit hütern verwahrt bis nach dreyen tagen.


4. Unterm Einsenken

O Ihr wunden Jesu, wo wir drein begraben! wollt dis morsche (schwarze) hüttlein haben. Meer ohn grund und ende! wunder aller wunder! Es versinkt in euch hinunder: und in euch wird es weich. Erden-(Chams sein) theil verwese, Christi seins genese!


5. Segen

Die seele Christi heilge dich; sein Geist versiegle dich mit sich; sein leichnam, der für dich verwundt, der mach dir leib und seel gesund!


6. Collecte

Das Lämmlein und sein schmerze bleibts schon so lang das herze, und wenns auch nicht mehr schlägt, und, wie man sagt, erkaltet. Wo ihn der speer gespaltet, da sind wir schon hineingelegt.

Fußnoten

1 Cämmerer, Aufseher, Paracletus.


Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 1788-1790.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Knigge, Adolph Freiherr von

Die Reise nach Braunschweig

Die Reise nach Braunschweig

Eine Reisegruppe von vier sehr unterschiedlichen Charakteren auf dem Wege nach Braunschweig, wo der Luftschiffer Blanchard einen spektakulären Ballonflug vorführen wird. Dem schwatzhaften Pfarrer, dem trotteligen Förster, dem zahlenverliebten Amtmann und dessen langsamen Sohn widerfahren allerlei Missgeschicke, die dieser »comische Roman« facettenreich nachzeichnet.

94 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon