121. Weyhnachts-Gedanken

[343] 1733.


Für uns gebornes Kind!

O Sohn! für unser Leben

In einen Tod gegeben,

Der Tod und Hölle bind't.

O möchten wir uns schmiegen,

Kind! bis zu Deinen Wiegen!

O wären wir so klein,

Als Du im Krippelein.


Hieher Vernunft und Witz!

Da liegt ein Mann in Bindlein

Der abgerißnen Windlein,

Der auf dem stolzen Sitz

Der rechten Hand der Kräfte

Und siegenden Geschäfte,

Den Namen und die That

Gott aller Götter hat.


Er heisset Wunderbar:

Und alle Seine Namen

Versiegelt Er mit Amen,

(Dem ewigen Fürwahr)[343]

Der Eingang war zur Krippe;

Der Ausgang durch die Klippe.

Ein ungebahnter Weg,

Ein wunderbarer Steg.


Ihr Männer hergenaht!

Hier sind die Weisheits-Throne:

Ihr findet bey dem Sohne

Den allertreusten Rath;

Und euer Pilger-Wandel

Und euer Streiter-Handel

Wird, durch dis klare Licht,

Vollkommen eingericht't.


Ihr Frauen! eure Last,

In diesen Arbeits-Tagen,

Mit Tapferkeit zu tragen,

Und ohne träge Rast

Das Werk in euren Händen

Zu kehren und zu wenden,

Damit es Segen schafft;

Greifft zu! hier liegt die Kraft.


Du muntre Jünglings-Schaar.

(Nicht ihr noch Lendenlahme

Und leider allzu zahme

Verächter der Gefahr,)

Laßt euch den grossen Helden,

Den Gott mit uns, vermelden.

Seht, daß ihr fertig steht,

Wenn Er zu Felde geht.


Ihr Jungfern wisset wohl:

Der Vater kan erwehlen,

Ob sich das Kind vermählen,

Obs einsam bleiben soll?

Ach! würden eure Sinnen

Des ewgen Vaters innen,[344]

Und gäben Herz und Sinn

In Seine Sorge hin.


Der mit der argen Welt

Und mit der Sünde krieget,

Und Belial besieget,

Und ewig Treue hält;

Der sey auch unsrer Kinder,

Der armen kleinen Sünder,

Die nach der Gnade dürst't

Ihr wohlgewogner Fürst.


Ja Amen! das sey wahr:

Du Fürst der stillen Chöre!

Du Held der Gottes-Heere!

Kraft, Rath und Wunderbar.

Wir schwörn zu Deiner Krippen,

Mit Herzen und mit Lippen,

Wir folgen Deiner Spur

Zur göttlichen Natur.


Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 343-345.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Grabbe, Christian Dietrich

Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Ein Lustspiel in drei Aufzügen

Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Ein Lustspiel in drei Aufzügen

Der Teufel kommt auf die Erde weil die Hölle geputzt wird, er kauft junge Frauen, stiftet junge Männer zum Mord an und fällt auf eine mit Kondomen als Köder gefüllte Falle rein. Grabbes von ihm selbst als Gegenstück zu seinem nihilistischen Herzog von Gothland empfundenes Lustspiel widersetzt sich jeder konventionellen Schemeneinteilung. Es ist rüpelhafte Groteske, drastische Satire und komischer Scherz gleichermaßen.

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon