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[201] Flodoardo. Rosamunde.
FLODOARDO ihr entgegen.
Ha, Signora!
ROSAMUNDE heiter.
Hier so einsam?
Müßt' Ihr, Ritter, vor den Thüren
Meines Oheims Schildwacht halten?
FLODOARDO etwas verstimmt.
Wirklich Schildwacht; und das mehr
Als in einem Sinn des Wortes.
ROSAMUNDE.
Schön, ich muß ihn glücklich preisen.
Unter Eurer Obhut ist er
Wohlgeschirmter, als wenn tausend
Der dalmatischen Soldaten
Seinen edeln Leib bewachten.
FLODOARDO mit Achselzucken.
Ah, ich stände andrer Orten
Besser wohl an meinem Platz; –
Aber ich bin hier gebannt; ...
Soll davon, und darf es nicht.
ROSAMUNDE scherzend.
Sehr verbindlich, edler Herr,
Schon, im ersten Augenblick
Eines flüchtigen Gesprächs,
Langeweile mir zu klagen.[201]
Macht mich ja nicht stolz, zu glauben,
Ihr vergesset neben mir
Ganz Venedig und die Welt.
FLODOARDO sich in ihren Ton stimmend.
Zweifelt nicht; so ist es wirklich.
Ganz Venedig und die Welt,
Nur Euch selbst nicht, über Euch.
Ist nicht morgen Namensfest
Uns'rer heil'gen Rosamunde?
Hab' ich da nicht tausend Dinge
Diesem Festtag vorzurüsten?
Vertraulich, halblaut.
Und – ich hoffe mir bei Euch,
Wenn's gelänge, die Gewährung
Einer Bitte zu verdienen.
ROSAMUNDE.
Einer Bitte? und die wäre?
FLODOARDO.
Daß die Herrin meines Lebens
Mich, wie ihren Diener einen,
Mit dem süßen Du benenne.
ROSAMUNDE mit Lächeln und Kopfschütteln, drängt ihn sanft von sich.
Wie ich hier Euch nenne,
Auf das Herz deutend.
weiß ich;
Euch jedoch frommt's nicht zu wissen.
Uebrigens laßt uns die Formen
Eingeführten Brauches ehren.
Sie sind nichts an sich, und zarter,
Als der Spinne feinster Faden;
Dennoch stärker als der Stärkste.[202]
Wißt, der Sturm der Leidenschaften
Wird von ihrer Macht gefesselt,
Der die Welt sonst aus den Fugen
Aller Ordnung treiben würde ...
Ah, schon straft mich heut die Reue,
Daß ich gestern ... daß die Blume ...
Lebhafter und ängstlich.
Ich beschwör' Euch, edler Lieber,
Laßt es keiner Seele ahnen,
Wer sie gab und – was sie deutet!
FLODOARDO.
Fürchtet nichts, erlauchtes Fräulein,
Das Juweel ist wohlverwahrt;
Liebes- oder Leichenschmuck,
Ruht es hier am treuen Herzen.
Indem er an der goldenen Halskette zupft, um sie hervorzuziehen und ungeduldig das Brustkleid dabei
öffnet, erblickt man einen verborgenen Panzer.
ROSAMUNDE erschrocken.
Flodoardo! ... Was soll das?
Warum traget Ihr den Panzer
In Venedig? im Palast
Eures Herzogs? – Ist Gefahr?
Sprecht, um Gotteswillen! stellt Euch
Abellino nach dem Leben?
FLODOARDO betreten, verbirgt den Panzer.
Nichts ... es war Vergeßlichkeit ...
Diesen Morgen ... Ihr seid blaß?
Warum zittert Ihr – Wir Männer
Haben öfters tolle Händel.[203]
ROSAMUNDE.
Nein, gepanzert und gewaffnet,
Wie zur Feldschlacht, wie auf Corfu,
Denkt Ihr, blut'ge Lustbarkeiten
Mir zum Feste zu bereiten.
Darum, darum ist's zu thun!
Dies geheimnißvolle Gähren
In der Stadt und im Palast,
Dieses Treiben, dieses Fliegen
Stummer Boten her und hin,
Die Verdoppelung der Wachten,
Die Versammlung aller Räthe ...
Alles sagt mir an: es hange
Schon ein unglücksschweres Schicksal
Drohend über unsern Häuptern.
Vertraulicher.
Flodoardo, bin ich wirklich
Eurer Achtung nicht ganz unwerth,
O so nehmt die Angst von mir.
Sagt, was stehet uns bevor?
Fürchtet nichts; ich will nicht zittern
Schwebt Ihr selber in Gefahr?
O gesteht mir's! Warum schweigt Ihr?
Euer Leben, ist's nicht mein?
Retter, Engel meines Daseins,
O verhehlt mir nichts, ich flehe,
Ich beschwör' Euch ... Edler, Lieber ...
Leise, ihn in Thränen anlächelnd.
Ich befehle dir es, hörst du?
Ich gebiete dir's![204]
FLODOARDO ihre Hand küssend.
Wer könnte
Den Gehorsam da verweigern?
Nun, so wißt's! – Doch, was ich sage,
Niemand soll's von Euern Lippen
Wieder hören, auch nur ahnen. –
Allzufrüh entsiegelt, bringt
Das Geheimniß mir den Tod! –
Ja, ich steh' in voller Schlacht.
Schwerern Streit muß ich heut' führen,
Als in Corfu mit den Heiden.
Im Verborgnen zielen hundert
Feuerröhre, hundert Klingen
Auf mein Herz, beim ersten Wink,
Wenn der Zufall mich verräth.
ROSAMUNDE mit Bangigkeit.
Gilt es Euch allein – so flieht!
Fliehet auf Pesaro's Flotte;
Rettet, rettet Eure Tage.
Was Ihr rettet, ist mein Leben.
Säumet nicht! Nun wird die kalte
Todesangst von meiner Seele
Nicht mehr weichen, bis ich Euch
Aus der Stadt entronnen weiß.
FLODOARDO.
Hört mich ganz. Obwohl ich einzeln,
In zweideut'ger Stellung, kämpfe,
Weder Feind von meinen Feinden,
Noch der Freund von meinen Freunden,
Kämpf ich dennoch nicht um mich.
Nein, der Streit geht um viel Hohes,[205]
Um das Leben Eures Oheims,
Um die Sicherheit Venedigs,
Um die uralt heil'ge Ordnung,
Um den Ruhm der Republik.
ROSAMUNDE ihn anstarrend.
Steht es so? – Es wird mir Licht.
Nun, – so walte Gott! – Ihr bleibt!
Bleibt und streitet; fallet, sieget;
Alles gleich! – Wir Menschen leben
Nicht des eiteln Lebens willen.
FLODOARDO.
Seid beruhigt. Morgen schon
Hoff' ich, ist das Werk vollbracht.
Laßt Euch, was nun auch geschehe,
Nichts erschüttern; glaubet nichts,
Was man irgend wegen meiner
Deuteln, rathen, plaudern wird.
Würdig will ich Eurer leben;
Eurer würdig kann ich sterben.
Indem er kniend ihre Hand küßt.
Weinet nicht, denn diese Thränen
Sind zu früh, sie sind zu köstlich;
Können mit dem schwarzen Blute
Meiner Feinde nimmermehr
Aufgewogen werden! – Bete,
Engel Gottes, bete freundlich!
Deine Lippe ruft den Sieg;
Denn du stehst der Gottheit näher,
Als wir Sündige, verwandt.
Gott hat noch zu allen Zeiten
Einen Liebling aus dem Himmel[206]
Auf die Erd' herabgesandt,
Um, in menschlicher Gestalt,
Sehnsucht nach dem Göttlichen
Unter Sündern zu entzünden:
Und du – bist die Botin Gottes.
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