Brückenachse

[352] Brückenachse, die Längsmittellinie der Brücke, fällt mit der im vorhinein gegebenen oder durch Trassierungsarbeiten ermittelten Achse des betreffenden Verkehrsweges zusammen. Die Querachse der Brücke ist durch die Achsenrichtung der Pfeiler oder der Widerlagerfluchten bestimmt. Der Schnittwinkel der beiden Achsen heißt Kreuzungswinkel. Je nachdem derselbe ein rechter oder ein spitzer ist, unterscheidet man gerade (normale) und schiefe Brücken.

Die Lage der Brückenachse bei kleinen Bauwerken ist nach folgenden Gesichtspunkten festzulegen:

1. Als Schnittwinkel der Achsen ist in erster Linie ein rechter Winkel in Aussicht zu nehmen; wo dies nicht möglich ist, ist wenigstens die Vergrößerung des Winkels anzustreben, unter dem sich die beiden Verkehrswege kreuzen; damit sind eine geringere Spannweite, also auch geringerer Materialverbrauch und geringere Baukosten verbunden. Für schiefe Brücken ist ein eiserner Ueberbau vorzuziehen.

2. Mit Veränderung des Schnittwinkels der Achsen pflegt eine Verschiebung der Kreuzungsstelle Hand in Hand zu gehen. Es ergeben sich dabei insofern Vorteile, als man das Bauwerk unabhängig vom Verkehr der vorhandenen Straßen oder ohne Bauerschwernis durch fließendes Wasser, also im Trockenen, herstellen kann.

3. Man wird, nachdem die Brückenquerachse und die an dieselbe sich anschließenden Mittellinien der verlegten Wege entworfen sind, zunächst die Höhenverhältnisse untersuchen, und erst dann den Entwurf weiter bearbeiten, wenn sich hierbei keine Bedenken ergeben.

4. Bei den Veränderungen von Wegen und Wasserläufen ist auf Zustimmung von Interessenten Rücksicht zu nehmen. Bei Durchlässen und kleinen Brücken kann meist durch Verlegung des Wasserlaufes oder der Straße (Bach- oder Straßenkorrektionen) eine rechtwinklige Kreuzung und damit eine normale Ueberbrückung erzielt werden. Bei größeren Bauwerken ist dies aber häufig nur durch Aenderung der Lage der Brückenachse zu erreichen.

Außer den obenangeführten Rücksichten sind noch folgende Grundsätze in Betracht zu ziehen:

1. Die den Mittelpfeilerachsen parallele Querachse der Brücken soll sich hauptsächlich nach der Lage des Talweges richten, und es ist auch hier ein rechter Winkel anzustreben.

2. Die Rücksichten auf Geländegestaltung und Bodenbeschaffenheit treten bei der Wahl der Lage der Strombrücken nicht selten in den Vordergrund; felsige und feste Ufer sind von großem Vorteil. Bei Ueberbrückung eines Tales sind die in geringer Entfernung befindlichen Lehnen zur Ueberschreitung desselben besonders geeignet. Ist die Aenderung der Lage der Brückenachse ausgeschlossen, so bleibt nichts übrig, als eine schiefe Brücke zu errichten, was wegen der höheren Kosten, insbesondere bei Steinbrücken, gerne vermieden wird.

3. Aus demselben Grunde sowie auch wegen der konstruktiven Schwierigkeiten des Ueberbaues und der Pfeiler wird man auch eine gekrümmte oder mehrfach gebrochene Längsachse tunlichst vermeiden.


Literatur: Handbuch d. Ingenieurwissenschaften, 2. Teil, Bd. 1, Leipzig 1904.

E. Horowitz.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 352.
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