[469] Kiesstraßen werden häufig in Gegenden angelegt, wo es an sonstigem natürlichen Gesteinsmaterial fehlt. Der »Kies« oder »Grand« wird entweder aus Flußläufen als »Geschiebe« oder aus Gruben als »Grubenkies« gewonnen. Letzterer ist meist mit lehmigen Bestandteilen gemischt, daher weniger rein als der aus ausgewichenen, abgerundeten Stücken begehende Flußkies.
Die Herstellung der Kiesstraßen erfolgt in ähnlicher Weise wie diejenige der Steinschlag- oder Schotterstraßen. Sind größere Kiesstücke vorhanden, so werden diese ausgelesen und es wird mit ihnen eine Art Packlage (s.d.) von 1520 cm Dicke mit gestellten Steinen gebildet, auf die dann die aus Kies von geringerer Korngröße (etwa 1,54 cm Durchmesser) gebildete Deckschicht von 1015 cm Stärke aufgebracht und abgewalzt wird. Fehlen größere Stücke zur Bildung der Packlage, so ist es jedenfalls anzuraten, zwei Lagen zu bilden, eine untere aus gröberem und eine obere aus feinerem Kies, die beide gesondert, am besten mit der Dampfwalze abzuwälzen sind. Das Absondern der gröberen von den kleineren Kiesteilen geschieht durch eine Siebtrommel oder durch Rüttelsiebe von bestimmter Maschenweite. Da beim Flußgeschiebe die einzelnen Kiesstücke eine abgerundete Form besitzen, so bildet sich zwischen ihnen weit schwerer eine gute unverschiebbare Verbindung als zwischen den kantigen, bei der Zusammenpressung durch die Walze ineinander greifenden Schottersteinen. Daher kommt als Bindemittel lehmiger Sand, der in Zwischenlagen eingebracht wird, zur Anwendung, wenn man es nicht vorzieht, bei sehr grobkörnigem Kies die Kieselstücke zu zerschlagen und dadurch ebenfalls eine Schotterart zu erhalten. Kiesstraßen befahren sich bei trockenem Wetter meist angenehm, bei nassem dagegen weichen sie leicht auf, und nur wo der Kies aus Trümmern von Urgebirgssteinen besteht, wie z.B. im Kanton Zürich, erhält man Straßen, die den Schotterstraßen ebenbürtig sind.
Literatur: [1] Handb. der Ing.-Wiss., Leipzig 1903, 3. Aufl., Bd. 1, 4. Abt., 8. Kap., S. 107, [2] Ahlburg, Der Straßenbau, S. 122. [3] Handb. der Baukunde, Berlin 1892, 3. Abt., 4. Heft. S. 186. [4] Zöller, E., Ueber Kiesstraßen, Zentralbl. der Bauverw. 1889, S. 260.
L. v. Willmann.