[718] Krümmungshalbmesser hängen bei Straßen von den Abmessungen der größten verkehrenden Fuhrwerke ab, und es kann der kleinste erforderliche Halbmesser durch Aufzeichnen der aufeinander folgenden Stellungen des betreffenden Fuhrwerks unter Berücksichtigung des möglichen Drehwinkels des vorderen bezw. hinteren Wagengestells auf zeichnerischem Wege oder durch Ableitung entsprechender Formeln gefunden werden.
Laißle ([1], S. 68) leitet auf diese Weise folgende Sätze ab: 1. Der kleinste Halbmesser einer Straße hängt ab von dem Radstande der Fuhrwerke und dem Drehwinkel α des Vordergestells. Für städtische Fuhrwerke, bei denen α bis 90° wachsen kann, ist der Halbmesser am kleinsten. Die Länge des Gespanns l hat auf die Größe des kleinsten Halbmessers keinen Einfluß. 2. Die Breite einer Straße, deren innerer Halbmesser R gegeben ist (wobei R größer als der kleinste Halbmesser), muß um so größer sein, je kleiner R, je größer der Radstand und die Länge des Gespanns ist. Der größte Drehwinkel des Vordergestelles kommt hierbei nicht in Betracht. 3. Schließt eine gekrümmte Straßenstrecke sich an eine gerade an, ist also keine Gegenkurve vorhanden, so sollte, streng genommen, die Straße an der Einmündung in den Bogen eine größere Breite erhalten als in der Kurve selbst, was jedoch nur bei sehr kleinem inneren Halbmesser und geringer Straßenbreite nötig wird. 4. Für unser gewöhnliches Landfuhrwerk (l = 3 m, αmax = 30°) sind Krümmungen des inneren Straßenrandes unter 5 m Breite nicht zulässig. Bei Straßen unter 4 m Breite haben in Krümmungen Erbreiterungen der Straße einzutreten, wenn der innere Halbmesser des Weges weniger als 10 m beträgt. In den verschiedenen Ländern werden meist in den Instruktionen die Krümmungshalbmesser oder wenigstens die kleinsten Krümmungshalbmesser festgesetzt. So bestimmt die hannoverische technische Anweisung, daß der Krümmungshalbmesser nach der Formel R = l2/2 b berechnet werden soll, wobei l die Länge des Gespanns, b die Breite der Straßenfahrbahn bedeutet. Als kleinster Halbmesser gilt R = 9,4 m [2] und [3]. In den preußischen Bestimmungen ist kein kleinstes Maß angegeben; doch soll bei R < 7,5 m die Steinbahn entsprechend verbreitert werden [2] und [3]. In Sachsen [4] gelten als kleinste Halbmesser: für Kommunikationswege R = 25 m, für Feldwege mit Langholzbeförderung R = 30 m, für gewöhnliche Feldwege R = 12 m. In Frankreich werden nach der Instruktion für die Orleansbahn [4] festgesetzt: für routes impériales et départementales R = 30 50 m, für chemins de grande communication R = 15 m, für gewöhnliche Vizinalwege R = 10 m, für Wege zu landwirtschaftlichen Zwecken R = 6 m.
Literatur: [1] Handb. der Ingenieurwissensch., Bd. 1, 4. Abt., 3. Aufl., Leipzig 1903, S. 64. [2] Handb. der Baukunde, 3. Abt., 4. Heft, Berlin 1892, S. 154. [3] Osthoff, G., Der Straßen- und Wegebau, Leipzig 1882, S. 32. [4] Handb. für spezielle Eisenbahntechnik, Bd. 1, 4. Aufl., 9. Kap., Leipzig, S. 527.
L. v. Willmann.