Straßensinkkästen [2]

[753] Straßensinkkästen (Gullie, Rinneneinlaß, Straßeneinlauf), der Ableitung des Regenwassers von Straßen und Plätzen dienend (vgl. Abschnitt »Straßenentwässerung« des Art. Kanalisation der Städte und Ortschaften, Bd. 5, S. 347, und [1], [2], [4], [5], [7]), haben in letzter Zeit mehrfache Ausbildungen zwecks Verbesserung oder Vereinfachung gefunden.

Der Sinkkasten, System Bindewald-Teinturier, der Maschinenfabrik Kaiserslautern [3], vgl. Fig. 1, dient gleichzeitig als Spülbehälter, von dem aus die zugehörige Kanalstrecke gespült wird. Die groben Sinkstoffe werden bei diesem Sinkkasten zunächst durch ein im oberen Teile angeordnetes festes Gitter mit davor befindlichem Sammelraum zurückgehalten. Der übrige fortschwemmbare Schlamm wird nicht in einem Eimer gesammelt, sondern durch Wasserspülung nach dem Straßenkanal geführt. Die Wasserspülung erfolgt durch Oeffnen eines mit der Druckwasserleitung in Verbindung stehenden Einkaufes, der so angeordnet ist, daß das durch ihn zuströmende Wasser den Abfluß aus dem Sinkkasten nach dem Kanal hindert, wodurch man den Sinkkastenraum vollständig mit Wasser, bis zur Mündung an der Straßenrinne, füllen kann. Wird alsdann die Druckwasserzuleitung abgestellt, so ergießt sich die gesamte Wassermenge aus dem Sinkkasten, den Schlamm aus ihm mitnehmend, nach dem Straßenkanal. Bei nicht zu geringen Kanalgefällen wird somit gleichzeitig mit der Reinigung der Straßensinkkästen in einfachster Weise eine gründliche Spülung des ganzen Kanalnetzes ermöglicht.

Andre Sinkkastenformen, wie die Systeme »Styx«, »Geiger-Mohr« [11], »Steinbach« [8], welch letzteres als Beispiel hierfür in Fig. 2 gezeigt ist, sind oberhalb des Schlammeimers mit einem Ueberlauf ausgestattet. Durch den Ueberlauf ist der Wasserabfluß auch[753] für den Fall gesichert, daß durch den unteren Ablauf wegen Verstopfung oder Ueberfüllung des Schlammeimers das Wasser nicht abfließen kann.

Bei dem »Einsinkkastensystem« [8] dient ein in der Regel in der Straßenmitte angeordneter Sinkkasten als Zuleitung von zwei gegenüberliegenden Rinneneinlässen. Von ihm wird dann das Wasser mit seitlichem oder zentralem Ueberlauf an den Straßenkanal angeschlossen (vgl. die Kastenform Fig. 3).

Neuerdings ist man bestrebt, die Sinkkastenhöhe dadurch einzuschränken, daß die Schlammeimer möglichst dicht am Wassereinlauf aufgehängt werden. Beispiele dieser Art zeigen Fig. 4 [10] und 5 [12].

Hierher gehören auch die Systeme Fig. 2 und 3, sowie die Systeme Schüßler und Panse. Bei letzterem findet auch der durch Fig. 6 dargestellte Sinkkasteneinlauf mit losem Kasten an der Bürgersteigkante Verwendung, der für stark fallende Straßen und dort, wo Gefahr besteht, daß die Rostöffnungen sich durch Laub und Stroh verstopfen, geeignet erscheint. Dei Deckel am Bürgersteigrande ist aufdrehbar [8].

In letzter Zeit ist, namentlich durch E. Genzmer [6], dafür eingetreten worden, abweichend von der bisher allgemein üblichen Anordnung, auf Sandfang und Schlammeimer nebst Geruchverschluß zu verzichten. In den Anfangszeiten der Städtereinigung, so z. B bei den Ausführungen der älteren Kanäle in Hamburg und Altona war diese Anordnung in Gebrauch; sie ist aber seinerzeit verlassen worden; auch bei der heutigen sorgfältigeren Ausführung der Straßenkanäle kann auf Sandfang und Schlammeimer doch nur unter günstigen Gefällsverhältnissen bei sehr widerstandsfähigen Kanalfohlen und wenig Abfall liefernden, gut hergestellten Straßenoberflächen und auf den Geruchverschluß der Straßensinkkästen nur beim Trennsystem, bei dem die Straßensinkkästen lediglich mit den Regenkanälen in Verbindung stehen, verzichtet werden. Nur unter besonders günstigen Umständen, wenn hervorragend reichliche Wasserspülung und vorzügliche Lüftungsverhältnisse vorhanden sind, darf auch beim Mischsystem ausnahmsweise auf den Geruchverschluß der Straßensinkkästen verzichtet werden.

Die Entleerung des Schlammes aus den Straßensinkkästen wird in neuerer Zeit auch durch Vakuumkesselwagen bewirkt – Wegnersche Explosionstonne –, deren Saugschlauch in den Sinkkastenraum, der in diesem Falle nicht mit einem Eimer versehen ist, eingehängt wird [7]. – Von den vielen sonstigen neueren Systemen der Straßensinkkästen seien unter anderen erwähnt weitere Ausführungen von Geiger [11], sowie die Systeme Dietl, Fößl, Voß, Heid und Kaibel [8]; ferner die Modelle der Stadt Verwaltungen Köln, Frankfurt a.M., München, Oldenburg und einer Reihe andrer Städte [8]–[12].


Literatur: [1] Frühling, A., Die Entwässerung der Städte, Handb. der Ingenieurw., 3. Teil, 4. Bd., 4. Aufl., Leipzig 1903. – [2] Reich, A., Die Entwässerung der Städte, Hannover 1908. – [3] Weder, Der Tiefbau in Städten und Ortschaften, Wiesbaden 1909. – [4] Kolkwitz, Reichle, Schmidtmann und Thumm, Hygiene der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, Leipzig 1911. – [5] Böhm, P., Leitende Grundsätze für die Entwässerung von Ortschaften, 2. Aufl., Leipzig 1911. – [6] Genzmer, E., Kanalisation der Klein- und Mittelstädte, Heft 1–5, Halle a. S.[754] 1911 ff. – [7] Abel, Handbuch der praktischen Hygiene, Abschnitt 4, Beseitigung der Abfallstoffe, Jena 1913. – [8] Katalog der deutschen Steinzeugwarenfabrik Friedrichsfeld i. B. (Hauptkatalog der Kanalisationsabteilung). – [9] Katalog der deutschen Tonröhren- und Chamottefabrik Münsterberg i. Schi. – [10] Katalog der Rheinischen Steinzeugwerke, G.m.b.H., Köln. – [11] Katalog der Geigerschen Fabrik, G.m.b.H., Karlsruhe i. B. und [12] Katalog der Halberger Hütte, Brebach a. Saar.

F. Brix.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 753-755.
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Faksimiles:
753 | 754 | 755
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