Wetterkarten [1]

[850] Wetterkarten enthalten die Verteilung der für den meteorologischen Zustand charakteristischen Größen über ein größeres Gebiet für einen bestimmten Augenblick. Sie sollen einesteils dazu dienen, den zeitlichen Verlauf der meteorologischen Erscheinungen durch den Vergleich einer Reihe von aufeinanderfolgenden Zustandsbildern zu verfolgen, und andererseits auf Grund des früher gesammelten, in den Wetterkarten niedergelegten Materiales und der daraus gewonnenen Erfahrungen die Wettervorhersage durch ihre übersichtliche Darstellung der Gesamtwetterlage erleichtern.

Nachdem bereits von 1874 an von der Deutschen Seewarte in Hamburg täglich, Wetterkarten ausgegeben sind, wurde im Jahre 1906 die heute bestehende Organisation des. Reichswetterdienstes eingerichtet, die es ermöglicht, an alle Orte in Deutschland täglich rechtzeitig Wetterkarten und Wettervorhersagen gelangen zu lassen. Die Deutsche Seewarte in Hamburg, welcher an jedem Tage mehrere Male die meteorologischen Beobachtungen einer großen Anzahl von Stationen, die über ganz Europa verteilt sind und von denen eine Anzahl von Höhenstationen besondere Wichtigkeit besitzt, sowie der meteorologischen Stationen in Island und auf den Farör-Inseln, zufließen, sendet Morgens und Mittags an sämtliche Wetterdienst- und Neben-Dienststellen Sammeltelegramme, auf Grund deren diese autographierte Wetterkarten und telegraphisch zu verbreitende Prognosen für ihren Dienstbezirk so schnell herstellen, daß letztere bereits Mittags ausgegeben werden können. Die Verteilung der Dienststellen ist so bemessen, daß auch die Karten möglichst noch am Abend des gleichen Tages an alle Beteiligten gelangen. Der Abonnementspreis beträgt nur 50 Wetterkarten [1]. monatlich. Die Dienststellen (Nebendienststellen, welche nur Wetterkarten, aber keine Prognosen aufstellen) befinden sich zurzeit in Hamburg (Flensburg, Oldenburg), Berlin, Königsberg, Bromberg, Breslau, Magdeburg, Frankfurt a.M. (Gießen, Saarbrücken), Ilmenau, Weilburg (Cassel, Koblenz), Aachen (Bonn, Dortmund), Dresden (Plauen, Würzen, von wo aber keine Karten, sondern nur Prognosen versendet werden), München, Stuttgart, Karlsruhe, Straßburg. Von diesen 24 Orten werden im Sommer ca. 13000 Wetterkarten täglich verbreitet. Nähere Angaben über die Organisation des Wetterdienstes sowie über die Benutzung der von ihm dem Publikum zur Verfügung gestellten Hilfsmittel zur Vorherbestimmung des Wetters findet sich in [1], wo auch Beschreibung und Gebrauchsanweisungen der Wetterkarten im einzelnen gegeben sind. Zugleich sind dort Angaben über die Einrichtungen des Wetterdienstes in anderen Staaten sehr übersichtlich zusammengestellt. Eine vorzügliche Einsicht in die meteorologischen Verhältnisse über dem Atlantischen Ozean und seine Küstenländer geben die von M. Hoffmeyer in Kopenhagen begründeten und von dem Dänischen meteorologischen Institute und der Deutschen Seewarte gemeinsam herausgegebenen »Täglichen synoptischen Wetterkarten«, die zum Teil auf den meteorologischen Beobachtungen[850] der den Ozean durchlaufenden Schiffe beruhen und daher erst geraume Zeit nach ihrem Gültigkeitstermine erscheinen; ihr Wert für die Wettervorhersage ist zwar beschränkt, dagegen sind sie für das wissenschaftliche Studium des Verlaufes meteorologischer Vorgänge von außerordentlicher Bedeutung.


Literatur: [1] R. Börnstein, Leitfaden der Wetterkunde, 3. Aufl., Braunschweig 1913. – Ferner enthalten Beschreibungen der Einrichtung und des Gebrauches der Wetterkarten: W.J. van Bebber, Wettervorhersage, 2. Aufl. 1898. – R. Hennig, Gut und schlecht Wetter, »Aus Natur und Geisteswelt« 1911, Nr. 349. – H.J. Klein, Wettervorhersage für jedermann, Stuttgart 1907. – C. Caßner, Das Wetter und seine Bedeutung für das praktische Leben, »Wissenschaft und Bildung« 1908, Nr. 25. – L. Weber, Wind und Wetter, »Aus Natur und Geisteswelt«, Nr. 55, 2. Aufl.

R. Ambronn.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 850-851.
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