[347] Es ist ein armer Bursche gewesen, der liebte die Tochter eines Kaufmannes, und sie gaben einander das Wort, dass sie einander nehmen würden. Es kam die Zeit, das Mädchen wurde schwanger. Der Vater des Mädchens klagte den Burschen an, führte Prozess: »Er hat mir das Mädchen verdorben« und versprach dem Richter viel Geld, um den Burschen aufzuhängen. Sie gingen und machten Prozess, man liess auch das Mädchen hinkommen, der Vater belehrte das Mädchen zu sagen: »Er hat mir Gewalt angethan.« Der Bursche leugnete es: »Das Mädchen hat mich geliebt und ich das Mädchen.« Der Vater bestellte vier Advokaten und der[347] Bursche bestellte einen andern Advokaten. Auf jeden Fall gab es das Gesetz zu, dass der Bursche getötet werde, denn der Kaufmann hatte viele Geschenke versprochen. Der Advokat des Burschen sah kein anderes Mittel, sagt zum Richter: »Ich habe ein Wort dem Mädchen ins Ohr zu sagen«, und der Richter antwortet: »Sprich.« Er ruft das Mädchen und sagt zu demselben: »Mädchen, gut, der Bursche wird gewiss aufgehängt, aber auch du wirst 15 Jahre eingekerkert bleiben.« Das Mädchen sagt: »Warum?« Der Advokat sagt zu ihr: »Die Ohren hast du ihm betäubt, indem du schrieest.« Und das Mädchen antwortet ihm mit lauter Stimme: »Ich habe nicht geschrieen!« Und so drehet sich der Advokat des Burschen zum Richter, sagt zu ihm: »Nun hört ihr wohl, dass das Mädchen nicht geschrieen? Es ist mit dem Willen der beiden geschehen und der Bursche hat keine Schuld.« Nachdem der Richter sah, dass das Mädchen den Prozess verlor, sagte er zu ihm: »Er möge sie zur Frau nehmen!« Der Advokat antwortete ihm: »Er braucht nicht dieses Mädchen zur Frau zu nehmen, denn ich gebe ihm meine Tochter, und dessen Vater möge es zu Hause behalten, denn es wollte den Burschen verderben.«