Ein verschmitzter Räuber.

[269] Ein Räuber ging, um in einem Laden zu stehlen. Er tritt hinein, spricht zu dem Kaufmann, und fragt ihn: »Hast du wohl Bischofsgewänder? denn ich habe einen Bruder, der mir Bischof wird.« Und der Kaufmann sagt zu ihm: »Ja, ich habe aller Art.« Er zieht ihm dieselben heraus, um sie anzusehen, und diesem gefiel ein Paar dieser Gewänder, aber er sagt zum Kaufmann: »Mein Bruder ist nicht da, er ist in deinem Wuchs und daher bitte ich dich, die Gewänder zu probieren und wenn die Gewänder dir gut passen sollten, passen sie auch meinem Bruder gut.«

Der Kaufmann willigte ein, sie anzuziehen. Wie er die Messgewänder angelegt, setzte er auch die Mitra auf und nahm den Bischofsstab, den man den Hirtenstab nennt. Wie er ganz angezogen war, öffnete ihm der Räuber die Geldlade und nahm ihm das Geld, welches er darinnen hatte und ging hinaus um zu entfliehen. Der Kaufmann setzte ihm nach und schrie: »Packt ihn, denn er stahl mir das Geld!« Der Räuber zeigt mit den Fingern auf ihn und ruft: »Er ist närrisch geworden und weiss nicht, was er sagt«; der aber schreit ohne aufzuhören, verfolgt ihn in bischöflichen Gewändern, setzt ihm nach und der Räuber sagt den Häschern: »Packt ihn, denn dieser Bischof ist närrisch geworden!« Die Häscher packten ihn und führten ihn vor Gericht. Der Räuber entkam mit dem Gelde und ging seinen Geschäften nach.

Der Kaufmann schlief jene Nacht im Kerker, am folgenden Tag ruft ihn der Richter und man verhört ihn. Der erzählt ihm das Unglück, das er hatte; der Richter schrieb ihm die Schuld zu, und sagte zu ihm: »Warum bist du gekleidet wie ein Bischof?« Dieser sagte zu ihm: »Er betrog mich.« – »Und nun, da er dich betrogen hat, nun hast du Verstand gelernt und musst 500 Piaster Geldstrafe zahlen, ein anderes Mal habe Verstand, denn er hat dich gefunden.«

Quelle:
Jarník, J. U.: Albanesische Märchen und Schwänke. In: Zeitschrift für Volkskunde in Sage und Mär [...] 2 (1890). Leipzig: Frankenstein und Wagner, S. 269.
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