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[198] geschah: Rabbi Jehude saß einmal bei dem Fenster un sah wie ein Junger gar behend über die Gaß lauft. Da sprach der Chossid zu seinen Talmidim (Schülern): »Lauft dem Jungen nach, un haltet ihn bei seinem Mantel fest, bis ich euch wieder rufen werde.« So lauften sie dem Jungen nach un ruften ihm. Aber der Junge wollt nit hören. Also derwischten sie ihn un hielten ihn bei dem Mantel un fragten ihn warum er so lauft un was sein Tun wär. »Un warum hast du nit gehört, da wir dir gerufen haben?« Da sprach der Jung: »Was habt ihr mich zu fragen nach meinem Laufen?« Da sagten sie kurz un gut: »Wir wollen es wissen von dir. Wir frägen dich nit umsonst.« Aber der Jung wollt es ihnen doch nit sagen. Un er vermeint als zu entlaufen. Aber die Talmidim wollten ihn nit gehn lassen un hielten ihn so lang fest, bis daß sie sich miteinander schlagen wollten. Da das der Chossid sah, so ruft er einen Bocher (Schüler) un sprach zu ihm: »Lauf dorten hin un sag, sie sollten ihr Schlagen bleiben lassen un sollen mir den Jungen her bringen.« Welches der Stund geschah. Un wie sie zu dem Chossid kamen, da sprach er zu dem Jungen: »Weshalben bist du so sehr gelaufen? Was hast du so nötig zu laufen gehabt?« Da sprach der Jung wider den Chossid: »Lieber Rabbi, ich muß eine Sünde bekennen«, un hebt an zu weinen un sagt: »Ich hab eppes in meinem Sinn gehabt zu tun, das nit gut wär gewesen. Aber es is viel unterwegen geblieben durch euere Talmidim. Die haben mich dasmal dervon aufgehalten, bis daß die böse Stunde vorbei is gewesen. Darum, mein lieber Rabbi, bitt ich euch, setzt mir eine Buße gleichwie es auf solche Sachen gebührt. Um daß ich wieder ein Kapore (Sühne) soll haben auf meine Aweres (Sünden).« Da setzt ihm der Chossid Buße un er hielt sie auch recht. Un war ein frommer Jud. Da sagten seine Talmidim: »Gelobt sei Gott, der ein Teil von seiner Weisheit mitteilt, die seiner fürchten.«