Hundertsechsundneunzigste Geschichte

[223] geschah an einem Jud, der ließ sich verführen von einem Machschef (Zauberer), denn der Jud war gar lahm, daß er nit gehn konnt. Einmal sagt man ihm, wie dorten in einer Stadt ging einer um, un schmiert die Leut, daß sie wieder gleich waren, un die Blinden, daß sie wieder sehen können, un alle die Kranken wieder gesund machen. Da sagt der Jud, er wollt auch in die Stadt gehn ob ihm auch möcht geholfen werden. Un derselbige, der die Leut hat geheilt, der war ein Sched (Dämon), Gott sei bei uns. Un der Jehude zieht auch hin in dieselbige Stadt. Un wie er nun in dieselbige Stadt kam, da sah er bei Nacht, wie daß einer umging un heilt die Chaulim (Kranken). Un wie der Sched auch zu ihm kam, da fragt ihn der Sched was er begehrt. Da sagt er: »Ich bin ein Jud un ich hab gehört, wie du alle kranken Leut gesund machst, un alle Lahmen gleich machst. Darum bin ich zu dir gekommen, daß du mich auch sollst gleich machen.« Da sagt der Mann: »Weißt du nit, wer ich bin? Ich bin ein Sched, un mach mich zu einem Raufe (Arzt), daß ich die Leut verführ mit Kischef (Zauberei) umzugehn, um daß sie verloren werden. Un jetzundert is gleich deine Zeit ausgewesen, daß du hast sollen wieder heil werden. Aber derweil du dich hast lassen von den Zauberern verführen, so hat dir Gott aufgesetzt all die Tage lahm zu bleiben, bis an dein Ende.« Derhalben lasse sich keiner verführen von den Machschefim un soll glauben an den Heiligen, gelobt sei er.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 223.
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