Zweihundertelfte Geschichte

[258] geschah einer Frau, die gelüstet am heiligen Jomkipur (Versöhnungstag) zu essen, denn sie tragt gar schwer. Da sagten die Leut dem Rabbi Tarfen: »Wie soll man mit dem Weib tun?« Da sagt der Rabbi Tarfen: »Sagt der Frauen ins Ohr, daß heut Jomkipur wär. Un ihr sollt sehen ob sie euch wird Gehör geben.« Also gingen sie zu der Frauen un täten wie Rabbi Tarfen geheißen hat, un sagten ihr ins Ohr: »Es is heut Jomkipur.« Sobald die Frau das hört, da war sie satt un gelüstet nimmer zu essen. Da leient (liest) Rabbi Tarfen den Posuk (Vers) auf sie: Eh ich dich hab beschaffen im Bauch, hab ich dich derkennt. Da sie nun hat ausgetragen, so gewann sie einen Sohn, der war geheißen Rabbi Jauchenen, der oft gedacht is, was er für ein Talmidchochom (Schriftgelehrter) is gewesen.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 258.
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