XX.

[43] Als der Scheich Takieddin Ben Hadscha diese Anekdote vernommen hatte, rief er: da sieh' einmal das Glück an, um eines Verses willen wird Hamad nach Damaskus geholt, und mit Gold und Sklavinnen belohnet. Und was ist denn endlich dran an dem Ganzen? Nichts, als das Bild des Mädchens, das den Morgenwein in goldener Kanne hielt. Das gefiel dem Chalifen, der sich gerne von Mädchen den Morgenwein kredenzen läßt. Da sind meine eigenen Verse doch noch mehr werth.

Jesid, der Sohn Abdolmelek's, dem diese Aeußerungen wieder hinterbracht wurden, verlangte die Verse zu hören, es waren die folgenden:


In finstrer Nacht erscheint Sie mir als Mond,

Der ober den Pejaden stralend thront.

Sie schlummert leise, bald wird sie erwachen,

Dann wird das Morgenroth im Osten lachen.

Es blinken minder dann die Sternelein,

Denn in der Kanne blinkt der goldne Wein.

Dies sind des Morgens unfehlbare Zeichen,

Der mich gelehret hat den Morgentrunk zu reichen.[43]

Im Weine nur liegt Wohlberedenheit,

Wodurch die Sprache ihrem Lob sich weiht.

Den onyxfarben Mund seh' ich im Glase,

Die Zähne blinken wie des Weines Blase.

Der Wein verblühet wie ein Rosenblatt,

Auch ich hab' ausgeschäumt und bin schachmatt.


Der Chalife war mit den Versen sehr zufrieden, und belohnte den Dichter nicht weniger großmüthig als den ersten.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 43-44.
Lizenz:
Kategorien: