XXXIV.

[61] Mansur ließ einen rechtlichen Mann, der angegeben [Rand: Alaim.] ward, als verhehle er Schätze und Waffen, die der Familie Ommia gehörten, vor sich rufen, und befahl ihm, dieselben dem Fiskus zu überliefern. – Bist du, o Fürst der Rechtgläubigen, der Erbe der Familie Ommia? – Ich bin es nicht. – So hast du kein Recht, was meinen Händen anvertrauet worden, abzufordern. – Aber die Fürsten aus der Familie Ommia waren Tyrannen, welche sich mit dem Hab' und Gut der Diener Gottes bereicherten. – Je nun, da ist erst zu beweisen, daß die mir anvertrauten Schätze ein Theil des mit Unrecht[61] erpreßten Raubes seyen, denn die Söhne Ommia's waren reich durch eigenes Vermögen.

Mansur blieb lange in stilles Nachdenken versunken, endlich fragte er den Beklagten: Hast du nichts nöthig von mir? – Ja, Herr! ich begehre eine Gnade. – Rede! – Ich bitte, daß der Ankläger, der mich beschuldigt, Schätze der Söhne Ommia's zu verhehlen, vor meinen Augen erscheine, denn ich schwöre dir, daß ich keinen Heller habe. Die Antwort, aber die ich gab, kam aus dem lebendigen Gefühle von Recht und Billigkeit, das allen meinen Worten und Thaten zur Richtschnur dienet, und den deinigen zur Richtschnur dienen soll.

Der Ankläger erschien. Dieser Mensch ist mir Geld schuldig, rief der Angeklagte, hier ist sein Schuldschein, den er zu lösen geweigert.

Der Angeber gestand nicht nur die Schuld, sondern auch die Falschheit seiner Angabe ein. Der Gläubiger zerriß den Schuldschein mit den Worten: Es wäre mir leid, daß du solchen Bettels willen noch einmal den falschen Angeber machen sollst.

Mansur, der sich oft dieses Zuges erinnerte, sagte: er habe nie etwas Edleres gesehen, als die Freymüthigkeit und die Großmuth dieses Mannes.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 61-62.
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