LXIV.

[111] Der Chalife Mahadi verlohr sich einst auf der [Rand: Alaim.] Jagd unter die Zelte eines Beduinenstammes. Ein Araber gab ihm zu essen und zu trinken. Nachdem er den Becher geleert hatte, fragte er: Bruder Araber, weißt du wohl, wem du zu trinken gegeben? – Nein. – Nun, so wisse es, ich bin ein Diener des Chalifen. – Gott segne dich, sprach der Araber, und füllte den Becher abermals mit Milch. Nachdem er ausgetrunken, wiederholte er dieselbe Frage. – Ich halte dich auf dein Wort für einen Diener des Chalifen, antwortete der Araber. – Nein! ein wenig höher, ich bin einer seiner ersten Minister. Willkommen, gnädiger Herr, sprach der Araber, und füllte den Becher zum drittenmal. Als er geleert war, that der Chalife dieselbe Frage, und sagte zuletzt, er sey Mahadi, der Fürst der Rechtgläubigen. Auf dieses Wort band der Beduine seinen Milchschlauch zu und sprach: Verzeih' mir's Gott, nun gebe ich dir nicht mehr zu trinken, denn sonst müßte ich fürchten, daß du beym nächsten Becher entweder zum Propheten Gottes, oder gar zum Teufel würdest. Der Chalife lachte von ganzem Herzen, und belohnte den Beduinen reichlich.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 111.
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