LXXXVI.

[187] Da ich, sprach er, in Bagdad ein sehr lustiges Leben auf großem Fuße führte, so hatte ich in wenig Jahren für fünfzig tausend Dukaten Schulden gemacht. Unvermögend, dieselben zu bezahlen, sollte ich von meinen Gläubigern im Tigris ertränket werden, nach dem Gesetze, das diese Strafe über muthwillige Bankerutirer verhänget. In dem Augenblicke, wo ich in den Fluß gestürzt werden sollte, gieng Dschafer, der Barmekide, vorbey. Er erkundigte sich um meine Umstände, und trug meinen Gläubigern ein Kapital von hundert tausend Dukaten an, mit dem sie nach Kum und Kaschan in Seidenwaaren spekuliren, und sich nach und nach von den Interessen des Kapitals (wovon sich Dschafer das Eigenthum vorbehielt) bezahlt machen würden. Meine Gläubiger nahmen den Vorschlag an, und verdoppelten die Summe gar bald durch den Erfolg ihrer Spekulationen.

Sie behielten die Hälfte, und die andere Hälfte überließ mir Dschafer, so, daß ich dieselbe als Kapital[187] zu neuen Unternehmungen zum Grunde legen, und dann den Gewinn mit ihm theilen sollte. In weniger als vier Jahren hatte ich siebenmal hundert tausend Dukaten gewonnen, die ich Dschafern brachte, und ihn bat, mir davon zu geben nach seinem Gutbefinden. Er schenkte mir das Ganze, und setzte hinzu: er habe sich das Eigenthum des Kapitals nur in der Absicht vorbehalten, um mich zu neuen Unternehmungen anzuspornen, und mir einen bessern Wirthschaftsgeist einzuflößen.

Dies, fuhr Asmai fort, erzählte mir Ali, der Sohn Saher's; von der folgenden Scene aber war ich selbst Zeuge.

Quelle:
Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von: Rosenöl. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1813, S. 187-188.
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