Der vierfüßige Priester

[187] Trat eines zeitigen Morgens eine Frau in das Haus des Priesters, der ein wackerer Mann war, arm zwar an Gütern dieser sündhaften Welt, doch reich begabt mit all den Schätzen, die verschmitzte und hurtige Weiber gern an den Männern sehen; und wollte besagtes Weib ihr Kindchen taufen lassen, das schreiend in ihren festen Armen ruhte. Und sie war sehr erstaunt, die lustige Pfarrersmagd nicht anzutreffen, die sonst immer mit Gesang das Haus erfüllte, geschweige denn den Popen vorzufinden. Und sie trat an die Kammertüre und sah durch einen Spalt. In tiefster Seele aber erschrak sie da und bekreuzigte sich viele Male, denn sie erblickte in dem Bette, das nahe an der Türe stand, vier Beine und nur einen Kopf. Und sachte eilte sie von hinnen und rief ihre Nachbarinnen herbei und sprach noch bebend vor Furcht also zu ihnen:

»O, liebe Gevatterinnen, unrein ist unseres Pfaffen Seele, denn sie ist vom Teufel besessen; sehet, zu dieser Stunde war ich bei ihm, um mein Knäblein hier taufen zu lassen, und sah ihn im Bette liegen, und er hatte einen Kopf und vier Füße!«

»Ach, was sprichst du da, Nachbarin, nimmer können wir's dir glauben.«[188]

»Und doch ist es so, denn meine Augen sehen scharf!«

»Hast du gestern nicht zuviel des Rakhi getrunken und siehst nun doppelt?«

»O ihr Spottvögel,« sagte das Weib darwider, »nicht heute, nicht gestern tat ich einen Trunk. Und sehe ich nicht eurer vierzehn vor mir stehen, und dort kommt noch Eudoxia, meine Base, mit fliegenden Röcken?«

Da aber waren die Weiber still und sannen nach.

Sprach eine: »Gott stehe uns bei! Kommt, ihr Lieben, wir wollen hingehen und sehen, ob Eunuphria wahrgesprochen hat. Und wollen leise schleichen, auf daß der Böse, uns hörend, sich nicht von dannen macht!«

»Ja, das wollen wir tun!«

Und sie traten auf Zehenspitzen vor die Kammertüre und sahen vier Beine und nur einen Kopf, und an der kreisrunden Glatze erkannten sie ihren Pfarrer. Der war es auch wirklich und erlustierte sich noch immer mit seiner schmucken Magd, sintemalen er das Weib vorher und die Gevatterschaft jetzt nicht gehört hatte, so sehr war er mit der Besichtigung der Schätze beschäftigt, die ihm Anina, seine Hausgenossin, frohen Herzens zeigte.

Die Weiber nun eilten bestürzt von hinnen und berieten, was jetzt tun?

Sprach die älteste unter ihnen:[189]

»Laßt uns ein Schreiben an den Bischof schreiben, daß unser Pfarrer unrein sei, denn er stehe mit dem Teufel im Bunde, er solle uns einen neuen Pfaffen senden, der nicht vierbeinig sei!«

Und also tun sie.

Der Bischof aber hatte seinen Spaß an diesem Brief, denn er war ein lustiger Herr; und er handelte nach ihren Wünschen. So ward denn der Pope in eine fremde Gegend versetzt; und wenn er sich fürderhin mit dem Teufel unterhielt, legte er den Riegel fest vor die Türe, ehe er seinen Riegel hervorzog.

Quelle:
[Hansmann, Paul] (Hg.): Schwänke vom Bosporus. Berlin: Hyperionverlag, [1918], S. 187-190.
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