16. Ein Raubzug.

[61] Die Indianer machten einmal einen Raubzug ins Land der Fremden. Nach dem Einfall in dieses Land kehrten dreissig Mann surück. Sie brachen auf nach dem Ostlande und trafen zwei gar reiche Herren, die fünfzehn Mann bei sich hatten. Als nun die Indianer mit diesen zusammenstiessen, raubten sie ihnen neun Trupp Pferde.

Einer von den Indianern verstand die Sprache der Fremden. Als nun auch den beiden reichen Herrn ihre Pferde geraubt werden sollten, sprach man zu ihnen: »Ergebt euch beide!« »Gut,« sagten da die beiden Reichen. Aber der landeskundige Führer war nicht einverstanden. »Tut das nicht!« sagte er zu den beiden reichen Herren. »Was soll aus uns werden? wo werden wir Wasser und wo Nahrung finden?« sagte der Landeskundige. Das fanden die beiden reichen Herren richtig und der Landeskundige teilte es den Indianern mit um ihre Meinung zu erfahren.

»Gieb dein Pferd und deine Kleider her!« sagte man zu ihm. Aber das wollte er nicht. »Das werde ich dir geben!« sprach er und ergriff seine Flinte.

Da schürzten die Indianer ihre Hosen herauf [d.h. bereiteten sich zum Angriff]. Gleich darauf griffen sie an and kämpften und vernichteten alle. Die beiden reichen Herren starben.

Einer von den Indianern bemächtigte sich alles Geldes; die andern kümmerten sich nicht darum.

Als die argentinische Regierung den Vorfall erfuhr, sandte sie Botschaft nach Santiago, »Sie haben uns unsere beiden[61] reichen Herren erschlagen, dafür musst du mir die Indianer ausliefern, mein Freund,« liessen sie sagen.

Aber die Santiaguiner wollten das nicht: »Das ist eben so vom Herrscher der Menschen geschickt. Wie könnt ihr erwarten, dass die Indianer anders handeln sollten, wenn sie mit ihren Feinden zusammentreffen?« liess man der argentinischen Regierung als Antwort sagen.

Der Indianer aber der das Geld hatte, ging zu einem Schreiber und liess das Geld zählen. Bis acht tausend Thaler zählte er, so weit ging seine Rechnung; wie viel noch das übrige Geld betrug, erfuhr er nicht. Darauf verbarg er all das Geld in zwei Flaschen. Da liegt nun das Geld noch verborgen im Huanakosee im Ostlande.

Quelle:
Lenz, Rudolf: Aurakanische Märchen und Erzählungen. Valparaiso: Universo de Guillermo Helfmann, 1896, S. 61-62.
Lizenz:
Kategorien: